Bestehen im Projektdschungel

Alles ist ein Projekt und will gemanagt werden. Doch meist nehmen wir uns zu viel vor, und uns bleiben nur die Scherben­haufen gescheiterter Ideen. Mit ein wenig Disziplin und unseren Tipps lassen sich Niederlagen vermeiden.

Die To-Do-Liste ist lang: Lernen für Klausur, Referat vorbereiten, Geburtstagsparty organisieren, WG-Zimmer streichen, Bafög-Antrag abgeben, Urlaubsfotos posten, Partner fürs Leben finden und Hobby-Film-Projekt beenden. Nebenbei Vorlesungen, Seminare und Übungen, Hausaufgaben, Lektürelisten, und dann noch etwas Sport. Jeder Tag hat 24 Stunden. Du bist jung und dynamisch. Alles kein Problem.

Stressphasen lassen sich aufgrund des erhöhten Adrenalins als angenehm erleben und erfolgreich durchstehen. Doch Stress als Dauerzustand ruiniert dich, du schaffst weniger, und der erste Burn-Out winkt in der Ferne.

1.Ehrlichen Überblick gewinnen

Verschaffe dir einen ehrlichen Überblick: Sortiere alle Vorhaben, die Studien-Aufgaben, die privaten Vorhaben und die Nebenjob-Arbeiten. Schreibe für jede einen kleinen Zettel. Dann bildest du drei Stapel: Projekte, Alltag und Aufgaben.

Auf dem Projektstapel landen alle Zettel, die fünf Kriterien erfüllen:

Das Vorhaben ist einmalig.Das Vorhaben hat einen Zieltermin und / oder andere klare Ressourcengrenzen. Für das Vorhaben ist das zu erreichende Ziel klar definiert. bDas Vorhaben besitzt eine gewisse Komplexität oder du betrittst damit Neuland für dich. Das Vorhaben kann eventuell auch scheitern.

Alltagsaufgaben kehren regelmäßig wieder: Vorlesungen, Seminare, Wohnung putzen, Studienlektüre. Auch Lernen gehört dazu.

Aufgaben sind ‚kleine Projekte‘: weniger komplex, weniger vom Scheitern bedroht und kaum Neuland für dich. Referat-Neulinge sortieren Referate auf den Projektstapel, Referat-Erfahrene dagegen zu den Aufgaben.

2.Planen und Priorisieren

Gleiche die drei Stapel mit dem Kalender ab: Rechne mit maximal 14 Stunden pro Tag, besser nur 12 – so bleiben Puffer für Unvorhergesehenes und Privatleben. Vermerke zunächst alle Alltagsaufgaben. Diese sind meist fremdbestimmt, und du kannst sie nicht flexibel selbst verwalten. Schnell ist der Großteil der Zeit verplant. Verteile anschließend die Aufgaben so, dass du jeden Termin gut halten kannst. Die verbleibenden Zeitkontingente gehören den Projekten – und sind viel zu knapp.

Also priorisierst du: Welche Projekte sind wirklich superwichtig, welche sind notwendig und welche wären schön, sind aber eigentlich verzichtbar? Dabei fließen verschiedene Aspekte ein. Sind externe Zuarbeiten oder Informationen nötig? Ist der Zeitaufwand realistisch schätzbar? Ist es ein fremdbestimmtes Projekt, oder kannst du über alles selbst entscheiden? Wie wichtig ist dir dieses Vorhaben?

Du hast nur drei Stellschrauben, um Projekte nachzusteuern: Zeit, Ressourcen, Ziel-Definition. Mehr Zeit verbessert immer die Erfolgschancen. Mit mehr Ressourcen kannst du Teilaufgaben delegieren oder Teile hinzukaufen. Fehlt dir beides, definierst du das Ziel so um, dass es erreichbar ist. Ein Projekt, dessen Ziel du zu 95 Prozent erreichst, ist dennoch gescheitert.

3.Den Plan mit Leben füllen

Der entstandene Plan gibt dir die Basis, um flexibel umsortieren zu können. Du hast alles erfasst, und die Auswirkungen jeder Änderung sind sofort sichtbar und können dich nicht mehr schockieren. Dank der Priorisierung widmest du dich nur wichtigen Vorhaben. Vor allem erkennst du heute schon, was du vermutlich schaffen wirst und was nicht – böse Überraschungen entfallen.

Der wahre Wert des Plans entsteht erst im Alltag. Hänge eine Pinnwand oder Tafel an einem stressfreien Ort auf, beispielsweise in der Küche oder neben (!) dem Arbeitsplatz. Darauf landen alle Zettel der näheren Zukunft in der korrekten Reihenfolge. Vermerke Zusatzinfos auf den Zetteln, beispielsweise Termine oder Hinweise an dich selbst. Alltagsaufgaben brauchst du nicht aufzuhängen, denn sie sind selbstverständlich. Wer keine Lern- und Lesezeit im Alltag einhält, kann sich bereits jetzt auf Lese- oder Lernmarathons einstellen.

Die Tafel gleichst du wöchentlich mit der Realität ab. Mache dein eigenes Ritual daraus, beispielsweise jeden Montag beim Frühstück. Beantworte dir dabei drei Fragen:

1. Was habe ich vergangene Woche geschafft? = Erfolgserlebnis

2. Was hat mich aufgehalten oder behindert? = Aus Erfahrung lernen, besser werden

3. Was tue ich diese Woche? Bei welchen Vorhaben komme ich wie weit voran? Welche schließe ich ab? = konkreter Plan

Mitunter ergibt sich dabei auch eine komplette Neuplanung. Achte auf eine gute Mischung, sonst macht dir die Planbefolgung keinen Spaß.

Plane immer nur eine Woche detailliert; größere Zeiträume hast du ohnehin nicht unter Kontrolle. Für alles Spätere genügt eine grobe Planung, um dich darauf einzustimmen. Übrigens solltest du externe Zuarbeiten oder Informationen immer so zeitig wir irgend möglich besorgen. Dein Plan hängt sonst zu sehr von Faktoren ab, die du nicht beeinflussen kannst.

4.Mehr Zeit & Zuverlässigkeit

Nichts funktioniert so einfach und flexibel und zuverlässig wie eine solche Tafel. Vor allem hast du sie immer im Blick, wenn du sie benötigst.

Jede Woche etwa eine halbe Stunde echte Planung verschafft dir ungeahnte Freiräume. Du gewinnst schnell eine realistische Vorstellung davon, was du in welcher Zeit tatsächlich schaffst. Damit gelingt dir der Sprung vom Ad-hoc-Planen und ‚glauben, dass ich es schaffe‘ zur verlässlichen Vorhersage und ‚wissen, was tatsächlich machbar ist‘. Du lebst stressfreier und hast – ein überraschender Nebeneffekt – wesentlich mehr Spielraum für spontane Abweichungen vom Plan.

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