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Spiel in der digitalen Dimension der realen Welt

Ingress ist ein ‚Augmented Reality‘-Spiel der Firma NianticLabs und diese ist eine Tochterfirma von Google. Google also. Was haben die jetzt schon wieder am Start?

Und was ist Augmented Reality? Da stelle mer uns janz dumm: Augmented Reality ist einfach nur die Welt, wie wir sie wahrnehmen und wie sie uns umgibt. Aber – und das ist der wichtige Teil – erweitert, ergänzt und vervollständigt, vielleicht ließe sich sogar so weit gehen zu sagen: angereichert. In diesem Fall angereichert um ein Spiel. Das Spielbrett ist die Welt, wie viele Spiele können das von sich behaupten? Was genau sich nun abspielt, auf diesem Brett, das wird angezeigt vom Scanner, einem Gerät, das für den Nichteingeweihten aussieht wie ein gewöhnliches (bisher nur Android-) Smartpho- ne mit der Ingress-App. Die muss der Spieler starten und kann dann erkennen, an welchen für ihn bisher vollkommen unverdächtigen Orten in seiner Umgebung eine bisher unbekannte neue Materie in die Welt sickert. An diesen Orten stehen Portale, die der Spieler aufbauen, zerstören, verbinden, erobern oder abernten kann.

Diese Portale sind meistens an besonderen Orten in der realen Welt, also zum Beispiel an Kirchen, Statuen, Brunnen, Parkeingängen, kleinen Kunstwerken oder anderen lokalen Sehenswürdigkeiten.

Vor dem Beginn des Spiels muss der Spieler sich nun nur noch entscheiden, auf welcher von zwei Seiten er spielen und kämpfen will, bei den Erleuchteten oder beim Widerstand. Die Entscheidung sollte man sich nicht zu ein- fach machen, denn sie ist nicht umkehrbar, sie ist endgültig wie ein Tattoo. Aber im Grunde auch genauso egal.

Die Fraktion der Erleuchteten jedenfalls ist der Meinung, dass die neue Energie zum Wohle der Menschen genutzt werden kann und sollte. Ihre Gebiete und Portale sind grün. Die Fraktion des Widerstands dagegen glaubt, dass die neue Energie den Menschen schadet und dass weiteres Eindringen von Energie in die Welt verhindert werden muss. Ihre Farbe ist blau. Zum Spielen muss der Spieler sich nicht nur mit seinem Handy und der Ingress-App bewaffnen, sondern er muss sich auch noch bewegen. Zum nächsten Portal nämlich. Es ist wichtig, wo er steht, vor der Kirche, an der Statue oder – wenn er sehr engagiert ist – mitten im Brunnen. Das kann tatsächlich sinnvoll sein, für das Spiel bestimmt und für das Selbstbewusstsein ganz sicher. Möglicherweise für die Gesundheit nicht so sehr. Aber das ist ja bei vielen Spielen so. Aus der Position im Brunnen jedenfalls kann er das Portal vielleicht besonders gut angreifen und für seine Fraktion erobern. Sollte es seiner Fraktion schon gehören, dann kann er immerhin das Portal verstärken oder vom Portal Gegenstände erhalten, die weiter im Spiel verwendet werden können. Das könnte zum Beispiel etwa ein Portalschlüssel sein, mit dem er das Portal mit anderen Portalen verbinden oder auch aus der Ferne gegen Angriffe verteidigen kann, ohne vor Ort sein zu müssen. Das ist dann alles weniger spektakulär und geht wohl auch ohne nasse Füße.

Das Spiel ist einfach genug, um jedem nach dem Herunterladen der App einen Einstieg ohne groß Frust und Schreierei zu ermöglichen. Gleichzeitig gibt es genug Möglichkeiten und Optionen, um auch den fortgeschrittenen Spieler bei Laune zu halten. Es sind letztlich verschiedene Faktoren, die den Reiz des Spiels ausmachen. Zunächst ist das Spiel in Grafik und Ton gut gelungen. Die Verknüpfung mit der realen Welt verleiht dem Spiel darüber hinaus Glaubwürdigkeit und vielleicht sogar eine gewisse nerdige Authentizität. Die soziale Komponente kommt auch nicht zu kurz, denn der Erfolg von Aktionen steigt mit dem Grad der Abstimmung mit den eigenen Mitspielern. Dadurch entstehen Kontakte und vielleicht Freundschaften wie bei herkömmlichen Teamsportarten auch. Und schließlich ist es auch ein klasse conversation starter, wenn man bei der nächsten Party sagen kann:

»Das Brandenburger Tor? Das gehört übrigens mir.« – »Wie…?« – »Ja, und ich habe das Portal für meine Fraktion der Erleuchteten mit acht Resonatoren und zwei Portalschilden gesichert! Und jetzt kommst Du!«

Wenn das nicht beeindruckt, dann weiß ich leider auch nicht weiter. Bleibt am Ende noch die Frage, was Google von dem Ganzen hat. Das Unternehmensmotto ‚Do not be evil‘ bedeutet ja ungefähr etwa so viel wie ‚Tue nur Gutes!‘ Oder zumindest nichts Schlechtes. Oder falls doch, dann immerhin nicht bewusst. Also, was hat Google davon? Die Antwort auf diese Frage ist in Ingress-Fachkreisen umstritten. Aber kennt Ihr die Geschichte von den beiden Schweinen? Das erste Schwein sagt zu dem zweiten Schwein: »Ist es nicht toll, dass wir hier beim Bauern im Stall warm und kostenlos wohnen können?« Und das zweite Schwein antwortet: »Ja, und zu essen gibt es auch reichlich!«

Am Ende ist es doch so: Wenn das Produkt nichts kostet, ist man vermutlich selbst das Produkt. Aber egal, ich muss los, mein Portal wird angegriffen.

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