Skype und die Liebe

Long Distance Relationshit

Während eines Skype-Gesprächs mit meiner besten Freundin zu Beginn meines Erasmus-Semesters in Wien fragte sie mich die eine Frage, die ich noch mehr hasse als das obligatorische „Und? Was machst du dann mal mit diesem Studium? Reich heiraten?“ beim Familientreffen: „Na, was gibt‘s Neues in Sachen Liebe?“

Ich tat also, was ich immer tat: Ausflüchte suchen und Unsinn reden.

Generation Praktikum/Erasmus/Master im Ausland: Befristete Liebesverhältnisse?

„Da meine für das Aufbauen einer amourösen Beziehung erforderliche körperliche Präsenz in Wien von begrenzter Dauer ist, ist dies eine suboptimale Ausgangslage. Zudem ist mein Bachelor in Konstanz im Begriff beendet zu werden, weswegen auch dort eine auf Liebe basierende zwischenmenschliche Verbindung nicht anzustreben ist. Und den Master werde ich höchstwahrscheinlich in...”

Meine beste Freundin unterbrach mich genervt: „Du willst damit also sagen, dass du ungefähr die nächsten drei, vier Jahre keine Beziehung haben kannst? Das ist Schwachsinn. Heutzutage sind unsere Leben eben nicht so linear und fixiert.“

Sie hatte Recht. Immerhin denke ich, dass alles machbar ist, besonders wenn man jemanden liebt. Wieso also sollten Entfernung und Liebe nicht vereinbar sein? Schließlich hatte ich auch schon einmal eine Fernbeziehung, die heute eine wunderschöne Erinnerung ist. Und auch eine Studie der Cornell University belegt, dass ein Viertel bis die Hälfte aller Studenten auf Distanz lieben.

Während des Studiums gibt es so viele kurzfristige Phasen, Ortswechsel, Auslandsaufenthalte. Wir sind die Generation Ungewiss, Kurzfristig, Flexibel. Aber auch die Social Media-Generation. Das 21. Jahrhundert macht es uns so einfach, auf Distanz zu lieben – wieso also davor zurückschrecken?

Für all die Herzen, die kilometerweit entfernt voneinander pochen, hier meine selbst erprobte Fernbeziehungs-Überlebens-Überliebens-Liste:

1. Keine Angst vor Kohlenhydraten!

Zufälligerweise habe ich während meiner Fernbeziehung unheimlich viele Bananen gegessen. Langsam. Seeehr langsam. Während der Skype-Gespräche. You got me? Gut.

2. Die „Draw me like one of your french girls”-Pose

Zufälligerweise lag ich während meiner Fernbeziehung sehr oft seitlich, auf meinen Arm gestützt, der ganz zufälligerweise wunderbar meine Brüste kameratauglich und mein Ego webcamliebesfreudig pushte. Wo wirkliche Berührungen fehlen, müssen eben kleine Details wirken, die sagen „Hier, genau hier hätte ich dich und deine Hände gerade.” Wenn ein Sinn wegfällt, schärft man eben die anderen.

3. Eine eigene gemeinsame Welt bauen

Am wichtigsten jedoch war für mich während der gemeinsamen und doch getrennten Jahre die eigene kleine Welt, die wir uns über die Entfernung zusammen bauten. Diese Welt entstand aus jedem Moment, in dem ich versuchte, ihm mein Leben, meinen Alltag so nah zu bringen, als wäre er dabei. Aus jedem Foto per WhatsApp, jeder Guten-Morgen-Nachricht als Morgenkuss-Ersatz, aus jeder Blume, die ich ihm in den Briefumschlag steckte, damit er riechen konnte, wie der Sommer bei mir roch. Und wenn es Wochenende war und ich ihn in seiner Stadt besuchte, zeigte er sie mir, als wäre sie trotz meiner Abwesenheit immer in die Farbe meines Namens getränkt.

Der Moment, in dem ich so sehr vertraute und merkte, dass ich auch über Hunderte Kilometer hinweg in seinem Leben Zuhause bin, war der Moment, in dem mir klar wurde, dass Hunderte Kilometer manchmal null sind. Wieso also nicht lieben?


Wir sind jung, flexibel, studieren überall und sammeln Praktika wie andere Leute Bettkerben, wir sind die Zukunft. Nur damit diese Zukunft nicht zwangsweise solo abläuft, sollte die Fernbeziehung neu definiert werden – jung und flexibel wie wir.

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