Bild: Center Langen, DFS Deutsche Flugsicherung
Die eine paukt Flugtechnik und Meteorologie für mehr Sicherheit in der Luft, die andere kalkuliert Gewinnmargen von neuen Energietechniken für eine saubere Umwelt: Zwei Berufseinsteigerinnen machen vor, dass eine Karriere in technischen Berufen absolut keine Frage des Geschlechts ist.
Narmina Huseynova übt, Piloten mit ihren Jets sicher von A nach B zu leiten. Denn die 22- Jährige, in Baku in Aserbaidschan geboren und in Bonn aufgewachsen, ist angehende Fluglotsin. Sie sitzt mit ihrem Coach im Simulator der Deutschen Flugsicherung (DFS) in Langen bei Frankfurt in einem Raum ohne Fenster vor einem großen Bildschirm. „Lufthansa 732 Tango, proceed direct Mambu“, sagt sie laut und deutlich ins Mikrofon. Die Drei spricht sie dabei aus wie „tree“. Im Sprechfunk zwischen Piloten und Fluglotsen gibt es kein „th“ wie in der Schule. Es könnte im Funkverkehr zu Verzerrungen führen. Die Rheinländerin weiß, dass oft keine Zeit für Nachfragen bleibt, deshalb ist das Fluglotsen-Englisch ein bisschen anders, als das, was sie in der Schule in Bonn gelernt hat.
Jumbo gerettet
Auf ihrem Bildschirm, dreht inzwischen der kleine leuchtende Punkt, der Flieger DLH732T, ab in Richtung Würzburg. Dort irgendwo ganz weit oben in der Luft liegt Mambu. Das ist einer von vielen Punkten im Himmel über Deutschland, die zur Orientierung fünf Buchstaben bekommen haben. Der Jumbo ist aus der Gefahrenzone heraus und kommt hier auch keinen anderen Fliegern in die Quere. Narmina Huseynova hat die Übung bestanden. Ihr Trainer ist zufrieden mit ihrer Arbeit.
„Fluglotsen müssen räumlich denken und mehrere Sachen gleichzeitig erledigen können. Vor allem aber müssen sie sich zu jeder Tages- und Nachtzeit konzentrieren“, so fasst die Lotsin in spe die Anforderungen zusammen. „Jeder Arbeitstag ist anders, jede Situation im Himmel kann auf viele verschiedene Arten gelöst werden.“ Sie beschreibt ihren Job als sehr „logisch geregelt“ und „kreativ“.
Tower oder Kontrollzentrale
Huseynova hat nach dem Abitur, Leistungskurse Mathe und Physik, ein mehrstufiges Auswahlverfahren bei der DFS erfolgreich absolviert und gehörte so zu einer Gruppe von 40 Bewerbern zu den drei Personen, die zur Ausbildung zugelassen wurden. Wählen kann sie zwischen zwei Arbeitsplätzen: Tower oder Kontrollzentrale.
Tower Bremen, © DFS Deutsche Flugsicherung
Der eine ist umgeben von großen Panoramafenstern in der Nähe eines Rollfeldes auf einem deutschen Airport, der andere ist in einer der vier Zentralen in Bremen, Langen, Karlsruhe oder München. Nach bestandener Ausbildung an der Flugsicherungsakademie wird sie in der Kontrollzentrale in Langen eingesetzt. Dort ist derzeit der größte Bedarf. Der untere Luftraum über der Millionenstadt Köln wird ihr „Sektor“ werden. Nach bestandener Theorie, Praxis am Simulator und realen Einsätzen im Kontrollzentrum mit ihrem Coach wird sie nach drei Jahren intensiver Ausbildung als Lotsin eigenverantwortlich arbeiten.
Flexibilität wird erwartet
Gute Arbeitsbedingungen, viele Pausen, Urlaubstage zum Regenerieren und eine attraktive Bezahlung – Fluglotsen verdienen je nach Einsatzbereich und Ort bis zu 100.000 Euro im Jahr – machen diesen Job trotz sehr viel Verantwortung attraktiv. Dafür müssen die Lotsen flexibel sein. Gearbeitet wird im Schichtdienst, Tag und Nacht. Wie und wo sie eingesetzt werden, bestimmt der Arbeitsgeber – je nach Bedarf. Jedes Jahr bewerben sich 3.000 junge Menschen, um einen der 50 Ausbildungsplätze zu bekommen. Größte Hürde ist der Eignungstest: Eine Woche lang werden die Bewerber auf Herz und Nieren geprüft, Psychologie und körperliche Gesundheit gehören auch dazu.
Hart sei der Konzentrationstest in der zweiten Auswahlstufe gewesen, erinnert sich Huseynova. „Da sind einige einfach eingeschlafen.“ In einem Jahr wird sie im Center in Langen gemeinsam mit einem Kollegen Flieger über Köln leiten. Nach ein paar Jahren, kann sie sich weiterbilden. Sie kann weitere Sektoren, das heißt weitere Lufträume „pauken“ und so in verschiedenen Bereichen arbeiten, sich etwas um die Arbeitsbedingungen kümmern oder als Lehrerin mit dem Lotsen-Nachwuchs arbeiten. Schluss ist für aktive Lotsen mit 55 Jahren, viele scheiden schon mit 52 Jahren aus dem Beruf aus.
Powerfrau für saubere Energien
Die 26-jährige Wirtschaftsingenieurin Catherine Rickmann aus Saarbrücken versteht sich als Brückenbauerin zwischen Technik und Wirtschaft. Sie arbeitet in dem Cleantech-Unternehmen Orcan Energy in Obersendling bei München als Projektmanagerin.
© Orcan Energy
Sie unterstützt den Vorstand, indem sie bei Kunden neue Ideen präsentiert, bei Aufsichtsratssitzungen Fakten vorlegt und für ihre Vorgesetzten Entscheidungsvorlagen erstellt. Dabei hat sie stets die für ihre Firma relevanten Techniken rund um Energie, Abwärme und Effizienz abrufbereit.
Viel Abwechslung
„Jeder Arbeitstag ist anders, das gefällt mir am besten in meinem Job“, fasst die sportliche Wahl-Münchnerin zusammen. Ihr Arbeitgeber hat einen Weg gefunden, Abwärme, die während des Betriebs eines Motors oder eines industriellen Prozesses entweicht, „aufzufangen“ und in Strom umzuwandeln. „ePack“ heißt dieses Mikrokraftwerk. Rickmann: „Wir haben die Technik so weiterentwickelt, dass sich die Abwärmeverstromung auch bei niedrigen Temperaturen lohnt. In Rechenzentren, an Druckluftgeräten, bei einem Schiffsmotor, einer Biogasanlage, in LKWs können unser ePacks eingesetzt werden.“
Kunden sind sowohl Mittelständler als auch große Industrieunternehmen, die ihre Abwärme nutzen wollen. Catherine Rickmann arbeitet dafür eng mit den Entwicklern dieser Technik zusammen: „Ich muss die Hintergründe und die Produkte ganz und gar verstehen und unseren Kunden erklären können.“
Duales Studium
Dafür hat Rickmann ein dreijähriges duales Studium an der Dualen Hochschule Baden Württemberg in Karlsruhe in Kooperation mit dem Konzern Energie Baden-Württemberg (EnBW) absolviert. Hier war der Mix aus Theorie und Praxis für sie ausschlaggebend. Sie paukte nicht nur Physik, Mathe und Statistik. „Wir haben auch viel über den Eintritt in neue Märkte gelernt“, erinnert sie sich. Sie bekam ein Gefühl dafür, wie technische Lösungen beschaffen sein müssen, um unter bestimmten marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen profitabel zu sein.
Nach bestandenem Examen startete sie in der Abteilung für Offshore-Windkraft bei EnBW durch. „Die Arbeit war spannend und sehr professionell“, resümiert Rickmann. Nach drei Jahren Studium und einem Jahr bei EnBW war es dann Zeit für etwas Neues und die Saarländerin heuerte bei Orcan Energy an. „Wirklich eine Art Traumjob“, sagt sie.
Die Karrierewege von Catherine Rickmann und der angehenden Fluglotsin Narmina Huseynova zeigen: Beste Aufstiegschancen, interessante Aufgaben und hohe Gehälter gehören in vielen technischen Berufen zum Standard. Gute Gründe also für junge Frauen, Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik nicht links liegen zu lassen.
Zwei Berufseinsteigerinnen machen vor, dass eine Karriere in technischen Berufen absolut keine Frage des Geschlechts ist.