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Global Campus Oktober 2014

Prof. Dr. Michael Fisch, Helwan University Ägypten

Prof. Dr. Michael Fisch ist DAAD-Lektor und Full Visiting Professor in Kairo (Ägypten). Er unterrichtet Literatur und Philosophie an der Helwan University und der Cairo. Daneben arbeitet er an einem Koran-Tafsir – einer Koran-Transkription und -Übersetzung aus nicht-europäischer Perspektive.

Herr Prof. Dr. Fisch, was fasziniert Sie an Ägypten und Kairo?

Denkt man an Ägypten, schwingt immer der Mythos der Pharaonen mit und die Erinnerung an deren reichhaltige Kultur. Mich interessiert unter Berücksichtigung der christlichen als auch jüdischen Kultur eher die islamische Geschichte in diesem Land. Ägypten ist ja eine wesentliche Ursprungsregion für die drei monotheistischen Religionen. In Kairo erlebte ich jeden Tag eine neue Realität. Eine 20-Millionen-Metropole, welche die vermeintlichen Widersprüche zwischen Religion und Moderne, Kultur und Alltag wunderbar aufzuheben vermag.

Waren Sie auch Zeuge des Arabischen Frühlings?

Im Jahr 2011 war ich als DAAD-Lektor an der tunesischen Universität Manouba in Tunis tätig. Ich habe also die Umbrüche in der arabischen Welt – und diese begannen ja in Tunesien – hautnah erlebt. An der Kairo-Universität im Zentrum der Stadt gab es in den vergangenen Jahren große, auch gewalttätige politische Auseinandersetzungen. Ich konnte selber Zeuge von Bombenanschlägen und dem Einsatz von Tränengas werden. Mich hatte die ungeheure Gewaltbereitschaft auf allen Seiten überrascht, die sich quasi automatisch freisetzt, wenn Massen in Bewegung geraten.

Macht sich die politische Lage im Land auch an den Universität bemerkbar?

Das Land ist politisch gespalten und diese gesellschaftliche Spaltung geht bis in die Seminare hinein. Wenn ich hier Stellung für die eine Seite beziehen würde, hätte ich sogleich die andere Seite gegen mich. Darum verhalte ich mich neutral. Die Universitäten sind allerdings so etwas wie Rückzugsorte für die jungen Ägypter, denn hier könnten sie sich weitgehend der staatlichen und auch der familiären Kontrolle entziehen. Ich versuche darum lieber über Literatur und Philosophie neue Impulse zu geben und integrativ zu wirken, damit die Studierenden miteinander ins Gespräch kommen.

Sie lesen mit Ihren Studenten u. a. Texte der Aufklärung. Sind deren Kernaussagen dabei vielleicht hilfreich?

Wir lesen beispielsweise Hegel und Kant, Kleist und Lessing. Von Gotthold Ephraim Lessings bekannter Ringparabel aus „Nathan der Weise“ können Studierende – egal ob in Ägypten oder in Deutschland – viel über Toleranz lernen. Ich bin sehr davon überzeugt, dass (nicht nur) in deutscher Philosophie und Literatur die großen Menschheitsfragen verhandelt werden und von hier aus auch für aktuelle Konflikte wertvolle Denkanstöße kommen können. Diese Impulse setze ich in Seminaren in der Hinsicht um, dass die Studierenden diese möglichen Theorien in ihre individuelle Lebenspraxis zu übertragen versuchen und in Diskussionen diese Ideen überprüfen. Die Verbindung von Theorie und Praxis könnte bestenfalls zu reflektierendem Denken und überlegtem Handeln führen.

Wie erleben Sie den Unialltag, die Studienbedingungen und die Studentenschaft?

Die Ausstattung der Universitäten lässt meistens zu wünschen übrig. Hörsäle sind meist überfüllt, Studienabschlüsse kaum international anerkannt. Zudem geht die Hochschulausbildung oftmals an der Realität des ägyptischen Arbeitsmarktes vorbei. Vielfach ist ein Talent zur Improvisation gefragt. Andererseits ist die große Hilfsbereitschaft und starke Freundlichkeit entwaffnend. Studierende sind hoch motiviert und sorgen mit ihrem Wissensdurst für eine großartige Lernatmosphäre. An der Helwan-Universität bin ich neben der Sprachassistentin der einzige Ausländer. Ägyptische Studierende sind jedoch neugierige und respektvolle Menschen, die sich freuen, wenn sie mit einem Ausländer in Kontakt treten können. Auch ägyptische Frauen sind selbstbewusst und wollen ihr Leben selbst bestimmen.

Fühlen Sie sich also vollkommen integriert?

Zumeist wird respektiert, dass Europäer „freier“ zu leben pflegen. Ich selbst aber passe mich der ägyptisch-arabischen Kultur an und habe inzwischen kaum noch Kontakte zu Deutschen. Mir gefällt es, in diese andere Welt einzutreten, die inzwischen zu meiner zweiten Heimat geworden ist. Kairo ist für mich ein wunderbares und nicht nur akademisches Abenteuer. Ein akademisches Leben (nur noch) in Deutschland kann ich mir kaum mehr vorstellen.

Welchen Stellenwert hat die deutsche Sprache in Ägypten?
Nach Englisch rangiert Deutsch neben Französisch als zweite Fremdsprache im Sprachen-Wettbewerb. Deutsch wird in Ägypten seit 151 Jahren (seit 1863 an der damaligen Sprachenschule „al-Alsun“) unterrichtet und das Interesse wächst stetig. Die Studierendenzahlen für Germanistik und Deutsch als Fremdsprache liegen derzeit bei 10.000. Diese Zahl hat sich binnen fünf Jahren verdoppelt. Mit guten Deutsch-Kenntnissen können die Absolventen in deutschen Behörden, Stiftungen, Organisationen, Unternehmen oder auch in einem Call-Center vor Ort Arbeit finden, als Deutschlehrer arbeiten oder aber eine Universitätslaufbahn einschlagen. Einige Hochschulen organisieren auch Job-Börsen, auf denen (deutsche) Firmen gezielt nach gut ausgebildetem Personal Ausschau halten.

Welche Sicht haben ägyptische Studenten auf Deutschland?
In Ägypten genießt Deutschland generell ein hohes Ansehen. Das Interesse an einem weiterführenden Studium in Deutschland ist sehr hoch, da die Bundesrepublik in Ökonomie und Fortschritt, in gelebter Toleranz und kultureller Pluralität von der Mehrheit als Vorbild angesehen wird.

Ein deutscher Student möchte ein Auslandsemester in Ägypten absolvieren: Würden Sie dies empfehlen?

Pro Jahr belegen 50.000 ausländische Studierende in Ägypten ein Studienfach, allerdings sind unter diesen Bildungsausländern kaum Europäer. Leider sind die Zugangsbedingungen allzu oft bürokratisch erschwert, aber es ist durchaus möglich einige Auslandssemester dort zu verbringen. Inzwischen gibt es erstaunlich viele Partnerschaften zwischen deutschen und ägyptischen Universitäten und vor Ort wird man kaum auf Probleme treffen. Sei es bei der Wohnungssuche, der Hochschulbürokratie oder den Fragen des Alltagslebens – es finden sich meistens Lösungen.

Dr. Theresa Schenker, Yale University USA

IMG_2079@Theresa SchenkerDie Yale University in New Haven (Connecticut/ USA) gehört zu den renommiertesten Hochschulen der Welt. 49 Nobelpreisträger stehen auf der Alumni-Liste und auch Bill und Hillary Clinton, Judith Butler oder Jodie Foster haben hier über Seminararbeiten gebrütet. Dass heutige Yale-Studenten Deutsch lernen, dafür sorgt Dr. Theresa Schenker . Sie leitet das Sprachprogramm ‚Deutsch als Fremdsprache‘, unterrichtet Kurse und forscht zu Fragen des Fremdsprachenerwerbs und der Telekollaboration.

Frau Dr. Schenker, als die Zusage für Yale kam: Was war das für ein Gefühl?

Ein bisschen unwirklich. Ich habe die Zusage nicht erwartet und mich geehrt gefühlt.

Was ist für Sie das Besondere an Yale?

Die Bibliothek! Es gibt ein riesiges Angebot an Büchern und Zeitschriften und man hat online kostenlos Zugang zu allen Artikeln, die man brauchen könnte. Die Kursgröße ist an Yale sehr klein – zwischen 8 und 15 Studenten. Die Ausstattung der Räume ist perfekt – es mangelt wirklich an nichts.

Wollten Sie schon immer einmal im Ausland arbeiten?

Ja, das war eigentlich schon lange mein Ziel. In der 11. Klasse habe ich ein High-School Jahr in den USA verbracht – seit diesem Zeitpunkt wollte ich in die USA zurückkehren. Mich hat der amerikanische Lebensstil immer fasziniert.

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach ein Auslandsaufenthalt während des Studiums?

Sehr, sehr wichtig! Ich selbst habe meinen PhD an der Michigan State University gemacht. Dabei wurde mir klar: Ein Auslandsaufenthalt zeigt uns die Vielfalt der Welt, kulturelle Unterschiede und Besonderheiten; wir lernen nicht nur die Welt mit neuen Augen zu sehen, sondern wir lernen auch unsere eigene Heimat besser zu verstehen und zu schätzen.

Ein deutscher Student möchte ein Auslandssemester in Yale absolvieren. Was muss er mitbringen?

Yale hat jedes Jahr sehr viele Bewerber, von denen zum Herbstsemester 2013 nur 6,9 Prozent angenommen wurden. Das zeigt ein bisschen, wie schwierig es ist, hier angenommen zu werden. Natürlich spielen Leistungen dabei eine große Rolle, aber es geht auch darum, was ein Student außerhalb der Uni zu bieten hat, das heißt wie engagiert man ist, wo man mitwirkt und so weiter.

Wie sieht Ihr Leben jenseits von Yale aus?

In meiner Freizeit gehe ich mit meiner Hündin Zoe spazieren und lerne Connecticut besser kennen. Ich bin auch in ein paar Organisationen als Freiwillige tätig, z. B. einem Mentorenprogramm für Jugendliche.

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