In der Antriebstechnologie tut sich was. Elektrische Motoren sind dabei die Automobilbranche umzukrempeln, und auch die Flugzeugindustrie liebäugelt mit den CO2-armen stromgetriebenen Motoren. Wer Karriere in der Antriebsentwicklung machen will, sollte das im Auge behalten – und nebenbei ein bisschen Programmieren lernen.
325.000 Vorbestellungen in nur einer Woche – so einen riesigen Erfolg hatte bisher kein Auto, vor allem keines, dass es noch gar nicht gibt. Dem Tesla Modell 3 ist genau das gelungen, wovon hiesige Automobil-Hersteller nur träumen: Das Autofahren wieder cool zu machen, erstrebenswert, zum Statussymbol. Denn die Modelle von Tesla sind nicht nur schick und schnell, sondern vor allem auch elektrisch, was Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit verheißt. Und so ist es nicht mehr das dumpfe Röhren eines Motors im Stil der Kinoreihe Fast&The Furious, das Männlichkeit und Stärke verspricht. Stattdessen klingt das Auto der Zukunft wie ein Bienenschwarm: Mehr als ein zartes Bsssst ist nicht zu hören.
Besser spät als nie
Soviel ist sicher: Wer in der Zukunft der Antriebstechnologie mitmischen will, der sollte die Elektrifizierung der Branche auf dem Schirm haben. Nicht nur bei Tesla, auch bei hiesigen Automobil-Herstellern, Zulieferern und sogar in der Luftfahrt wird fleißig an elektronischen Antrieben oder mindestens an solchen mit elektronischer Unterstützung gearbeitet. Teilweise wird dabei auf altes Wissen zurückgegriffen. Beispiel Audi: Im Jahr 1989 haben die Ingolstädter bereits das erste Hybridauto unter dem Titel Audi 100 Duo herausgebracht. Ein Nachfolgemodell gab es zunächst nicht, erst 20 Jahre später wurden die Pläne wieder aus den Schubladen geholt. »Elektrifizierung hat bei uns eine hohe Bedeutung«, sagt heute Ralph Börner. Der Leiter des Personalreferats für technische Entwicklung schickt aber eine Relativierung hinterher: »Ob das rein elektrische Fahrzeuge sind, Brennstoff oder CO2-neutrale Verbrennung, das muss man mal abwarten. Da muss man schauen was sich durchsetzt – bei Audi wollen wir eine möglichst breite Palette bieten.« Vorbereitet will der Konzern diesmal dennoch sein: 1.200 Experten aus den Bereichen Elektromobilität und Digitalisierung sollen in 2016 insgesamt eingestellt werden.
IT ist neben Elektrotechnik das zweite Zauberwort in der Antriebsentwicklung. »Antriebstechnologien, Assistenzsysteme oder sensorisches Feedback werden durch Software gesteuert und reguliert«, erklärt Ralph Börner von Audi. Und in der Elektromobilität seien Probleme bei Reichweite oder Ladedauer auch immer häufiger software- statt hardwareseitig zu lösen. »Wir wollen das IT-Verständnis bei allen Beschäftigten verstärkt fördern«, so Börner. Das heißt zwar nicht, dass jetzt nur noch ITler eingestellt werden. Bei Audi ist man auch auf der Suche nach Elektroingenieuren oder Maschinenbauern. Ein Grundverständnis für IT ist aber ein Plus, schon allein deswegen, weil Elektrifizierung und IT in der aktuellen Entwicklung oft zwei Seiten derselben Medaille darstellen. Dass sowohl die Prototypen der Autos von Google und Apple als auch der Tesla nicht nur smart sondern auch elektrisch sind, ist kein Zufall.
Und nicht nur zu Land, auch in der Luft wird den elektrischen Antrieben in Kombination mit einer smarten Software-Steuerung große Zukunft vorausgesagt. Gerade tüfteln Airbus und Siemens an einem Prototyp eines elektrogetriebenen Flugzeugs, bis 2020 sollen die ersten Maschinen fertig sein – allerdings nur für bis zu 100 Passagiere auf Mittel- und Langstreckenflügen. Denn einen Elektroantrieb im Flugzeug zu verbauen ist einiges komplizierter als im Automobil. »Jedes zusätzliche Kilogramm Gewicht in einem Flugzeug ist im Zweifel problematisch«, sagt Eberhard Nicke vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), »weil es sich negativ auf die Flugeigenschaften und die Reichweite auswirkt.« Dennoch: Weil Entwicklungszyklen in der Luftfahrt langsamer laufen als beim Automobil, ist die aktuelle Diskussion ein Paradigmen-Wechsel. »Noch bis vor wenigen Jahren herrschte in der Forschung ein unangreifbares Brenner-Regime«, so Nicke. »Das ganze Flugzeug wurde um den Brenner herum konstruiert. Heute ist das anders, und Ingenieure sind auch für unkonventionellere Überlegungen offen.«
Smart, elektronisch und vernetzt
Egal ob Flugzeug oder Automobil, überall in der Antriebsentwicklung ist der abteilungsübergreifende Austausch ein Muss. Als Herz eines Vehikels wirken die Entwicklungen aus so ziemlich allen anderen Abteilungen auf den Antrieb zurück. Eine leichtere Karosserie reduziert das Gewicht des Fahrzeugs, macht den Einbau eines kleineren Antriebes möglich, der wiederum andere Sensoren benötigt und so weiter – fast wie in einem Dominospiel. »Ein Automobilkonzern wie Audi kann heute nur als vernetztes Unternehmen funktionieren«, sagt folgerichtig Ralph Börner vom Personalreferat. »Wer sich bei uns bewirbt, der sollte sich nicht nur auf ein einziges Bauteil konzentrieren, sondern ein ganzheitliches Verständnis vom Antrieb der Zukunft entwickeln. Softskills wie Kommunikations- und Teamfähigkeit sind deshalb selbstverständlich für uns.«
Einstiege in die Antriebsentwicklung gibt es viele. Ein Trainee-Programm stellt einen Klassiker für den Karrierestart dar. Bei Audi setzt man zusätzlich auf den engen Austausch mit Universitäten und unterhält über 30 Wissenschaftskooperationen im Großraum Ingolstadt. Hier können Absolventen über Kooperationen bei der Bachelor-, Master- oder Doktorarbeit sich einen Kontakt im Unternehmen aufbauen und finden so einen leichteren Zugang. Aber auch der Seiteneinstieg ist nicht unüblich. »Viele Innovationen kommen auch aus dem Mittelstand«, sagt Ralph Börner. »Wir sehen diese Firmen als kreative Partner. Junge Menschen können sich dort in kurzer Zeit gute Grund-Qualifikationen aufbauen, die wir sehr schätzen.«
Und wer wirklich an Antriebsforschung interessiert ist, kann schon vor seinem Abschluss Praxis-Erfahrung sammeln. Die Formula Student Germany beispielsweise ist das größte studentische Autorennen der Welt. Teams aus Studierenden aller Fachrichtungen werkeln ein Jahr lang an ihren Autos, optimieren Antrieb, Fahrwerk und Gewicht, um beim Finale am Hockenheim-Ring gegeneinander anzutreten. Den Preis für den besten Antrieb, den »Powertrain Award«, hat im vergangenen Jahr das Team aus Regensburg geholt. Für eine Weile sind die Oberpfälzer zweigleisig gefahren, haben neben dem herrkömlichen Rennwagen auch einen elektrischen entwickelt, um sich für alle Wettbewerbe qualifizieren zu können. Grade ist das E-Team allerdings inaktiv. »Wir sind eben eine maschinenbaulastige Hochschule«, sagt Teammanager Michael Lermer. »Die Studierenden sind an Elektro-Rennautos nicht so interessiert. Die wollen Motoren, die ordentlich Krach machen.«
AUTOMOTIV:
Welche Jobs stehen dahinter?
Elektrische Motoren sind CO2-arm und effizient. Kein Wunder also das Automobilbranche und Flugzeugindustrie nun darauf setzen.