Blended Learning fordert ein Auflösen veralteter Denkstrukturen
Neue Medien sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch ihr Einzug in den Hörsaal hat erst begonnen. Lernformen wie Blended Learning, in denen neue Medien stärker in den Unterricht integriert sind, erfordern nicht nur technisches Geschick, sondern auch ein Aufbrechen veralteter Ansichten von Hochschullehre.
Was ist Blended Learning eigentlich? Wie der Name (blend = mischen) vermuten lässt, meint dies eine Kombination verschiedener Lernformen: Klassische Präsenzlehre wird mit E-Learning vermischt, wobei jeweils deren Vorteile zum Tragen kommen sollen.
Der E-Professor
Eine Möglichkeit, wie Blended Learning funktionieren kann, zeigt jemand, der bereits über 22.000 Abonnenten bei YouTube hat: Der Bielefelder Mathematik- und Informatikprofessor Jörn Loviscach stellt den Studierenden seine Vorlesungsinhalte noch vor der eigentlichen Vorlesung als Videos zur Verfügung. Anstatt also während der Präsenzveranstaltung 90 Minuten lang passiv und einseitig seinen Ausführungen über Differentialrechnung zu folgen und die Tafelbilder abzuschreiben, festigen die Studierenden hier ihr online erworbenes Wissen durch gemeinsames Üben mit Loviscach.
Ein Selbststudium mit Online-Materialien ist für die Vermittlung von Faktenwissen gut geeignet, da jeder Lernende im eigenen Tempo sowie zeitlich und örtlich flexibel arbeiten kann – einen Internetzugang vorausgesetzt. Die Face-to-face-Situation dagegen hat natürlich soziale Vorzüge, erleichtert die Kommunikation und ist bei handlungsorientierten Lernzielen unverzichtbar.
Beim Blended Learning sind nicht allein die Anteile von Online und Präsenz entscheidend, sondern vielmehr deren Funktionalität und Verknüpfung: „Das Ziel ist es, möglichst viele Bezüge, also ,Überblendungen‘, herzustellen“, so Joachim Plener vom Kompetenzbereich eLearning der Charité Universitätsmedizin Berlin. Er unterstützt Dozierende bei der Umgestaltung von traditionellen Vorlesungen und Seminaren hin zu Blended-Learning-Veranstaltungen. Dabei stellt er fest, dass neben Problemen mit der Technik viele Lehrende befürchten, sich mit der Etablierung dieser Lernform obsolet zu machen.
Umdenken ist erforderlich
Doch Lernprozesse aus dem Hörsaal auszulagern bedeutet nicht, dass sich Dozierende während Selbstlernphasen komplett zurückziehen – Online-Betreuung ist ein wichtiges Element beim Blended Learning: „Dozenten sind aufgefordert, auch in der Online-Phase ,Präsenz‘ zu zeigen über Feedback in Foren, Chats, E-Mails etc.“, so Plener. Online-Kommunikation erfordert eine intensive Betreuung. Dazu ist eventuell eine Aufgabenteilung innerhalb eines Lehrteams erforderlich – damit muss jeder einzelne Dozierende auch einen Kontrollverlust hinnehmen.
Auf der anderen Seite bedeutet Blended Learning für Lernende, mehr Lernprozesse in die eigene Hand zu nehmen. Ihnen sollte Raum gegeben werden, die dafür erforderlichen Fähigkeiten wie Organisationsgeschick oder Selbstmotivation zu verbessern. So werden Dozierende zu Lernbegleitern, die sich zugunsten der Selbstständigkeit der Lernenden zumindest teilweise entbehrlich machen – womit auch ein Verlust von Autorität und Unnahbarkeit einhergeht.
Hierbei zeigt sich, dass die Integration neuer Medien in die Lehre die Veränderung von Denkstrukturen in der teilweise verstaubten Hochschullehre erforderlich macht. Doch nur mit diesem Wandel kann die Selbstlernkompetenz der Lernenden gefördert werden. Und dies ist nicht zuletzt ein zentrales Ziel von Blended Learning.
Verwandte Artikel:
Blended Learning fordert ein Auflösen veralteter Denkstrukturen Neue Medien sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch ihr Einzug in den Hörsaal hat erst begonnen. Lernformen wie Blended Learning, in denen neue Medien stärker in den Unterricht integriert sind, erfordern nicht nur technisches Geschick, sondern auch ein Aufbrechen veralteter Ansichten von Hochschullehre. Was ist Blended