Na klar, wer was mit Zahlen studiert hat, der kann auch bei einer Versicherung arbeiten, zum Beispiel als Aktuar oder Versicherungsmathematiker. Doch die Zeiten bei den Versicherungen ändern sich – und mit ihnen die Jobs. Wo früher vor allem BWLer gefragt waren, arbeiten heute auch kreative Köpfe anderer Fachrichtungen an innovativen Ideen für die digitale Zukunft.
Langweilige Aufgaben, dröge Zahlenreihen, ein trister Bürojob eben – Arbeiten bei Versicherungen ist klischeebelastet und gilt nicht gerade als besonders sexy. „Aber von den Vorurteilen über die Branche sollte man sich auf keinen Fall abschrecken lassen“, sagt Julia Steinmetz entschieden.
App für gesündere Kunden
Die 30-Jährige arbeitet bei der Generali Deutschland AG in der Unternehmensentwicklung und schon der Name ihrer Arbeitsgruppe ist alles andere als verstaubt: Im Team „Digital“ innerhalb der Abteilung „Strategy and Smart Insurance Transformation“ ist es ihr Job, den zweitgrößten Erstversicherungskonzern auf dem deutschen Markt auf die digitale Revolution vorzubereiten.
© Generali Deutschland AG
„Unsere Aufgabe ist es beispielsweise, die smarten und innovativen Versicherungsprodukte der Generali in Deutschland weiterzuentwickeln.“ So zum Beispiel das Programm „Generali Vitality“, das Kunden zusammen mit einem Versicherungsprodukt wie beispielsweise einer Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherung abschließen können, und das sie dabei unterstützt, gesünder zu leben. „Auf Basis eines freiwilligen Gesundheits- und Fitnesschecks kann man persönliche Ziele festlegen und wird unter anderem dazu animiert, mehr Sport zu machen oder Vorsorgetermine wahrzunehmen“, erzählt Steinmetz. „Damit versuchen wir vor allem, unsere jüngeren und digital-affinen Kunden anzusprechen.“
Dabei legt das Team ein besonderes Augenmerk auf das Kundenerlebnis: Ist die App leicht zu bedienen oder kann sie gegebenenfalls noch verbessert werden? Und wie gelangt der Versicherte über das Produkt an relevante Informationen? „Außerdem beobachten wir natürlich den Markt, schauen zum Beispiel, welche Produktlösungen andere Versicherer anbieten“, so Steinmetz weiter. „Gemeinsam, unter anderem mit der Produktentwicklung, kreieren wir dann neue Lösungen.“
Zahlreiche Fachrichtungen willkommen
Doch nicht nur zu diesem Bereich stellt das Team eine Schnittstelle dar. „Wir arbeiten mit allen Konzernunternehmen der Generali in Deutschland und prinzipiell auch mit allen Abteilungen zusammen“, erzählt die studierte Kulturwirtschaftlerin. „Schließlich geben wir nicht nur die Impulse für neue digitale Produkte, sondern auch für Prozesse, die wir digitalisieren können, um smarter und schneller zu werden.“ Ein notwendiger Schritt in Richtung Zukunft, den auch andere Versicherer als wichtig erkannt haben: Viele von ihnen haben bereits Digital- und Kreativ-Labs eingerichtet, in denen interdisziplinäre Teams an neuen Produkten und Services arbeiten.
„Für viele ist es überraschend, welche unterschiedlichen Fachrichtungen bei einer Krankenversicherung zu finden sind“, sagt Hella Schillings, Bereichsleiterin Personal bei der Krankenversicherung BARMER. „Akademikerinnen und Akademiker aus vielfältigen Bereichen sind bei uns beschäftigt: zum Beispiel Informationstechniker, Journalisten sowie Mediziner.
Momentan, da ist sich Generali-Mitarbeiterin Julia Steinmetz sicher, steht die gesamte Branche vor spannenden Herausforderungen: „Als Teil der Generation Smartphone ist das für mich eine gute Chance, mich bei diesen spannenden Themen einzubringen.“
Vielfältige Interessen – vielfältige Aufgaben
Ihre Karriere in der Versicherungswirtschaft hatte die 30-Jährige derweil gar nicht geplant: Nach dem Abitur arbeitete sie zunächst ein Jahr lang bei einer Eventagentur, studierte dann Kulturwirtschaft in Passau und ging anschließend ein Jahr lang ins Ausland, um Praktika im HR-Bereich bei Henkel und in der PR-Abteilung des Pharmaunternehmens Merck zu machen. „Zwischen dem Bachelor und Master habe ich dann noch in einer Beratungsfirma im Controlling- und Finance-Bereich gearbeitet, bevor ich meinen Master in International Business in Grenoble gemacht habe“, erzählt sie. Bei der Generali Deutschland AG fand sie ihren Einstieg über ein internationales Traineeprogramm.
„Wie man an meinem Lebenslauf unschwer erkennen kann, hat mir wirklich vieles Spaß gemacht“, fügt sie lachend hinzu. Eines aber kristallisierte sich mit der Zeit immer mehr heraus: Sie wollte zukünftig gerne in einem großen internationalen Konzern arbeiten: „Ich finde die Herausforderung spannend, dass ich hier im Team schnell etwas bewegen kann. Und eines steht für mich aus heutiger Sicht fest: Vielfältige und interessante Jobmöglichkeiten gibt es auch in einem Versicherungskonzern.“
ITler sitzt den ganzen Tag nur im Keller – von wegen
Ein Fakt, dem Jonas Herkommer uneingeschränkt zustimmen kann. „Ich habe mich ganz bewusst dafür entschieden, in einem Großunternehmen zu arbeiten“, sagt der 29-Jährige, der als Lösungsarchitekt bei der BARMER arbeitet. „Denn gerade als ITler ist es mir extrem wichtig, dass mein Wissen nicht veraltet. Hier arbeite ich mit den neuesten Technologien, kann dank exzellenter externer Beratung viel lernen und habe zudem immer wieder die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren.“
Nach dem Abitur hatte Herkommer zunächst dual Angewandte Informatik studiert und bei dem IT- und Beratungsunternehmen IBM gearbeitet. „In den anderthalb Jahren, die ich nach meinem Abschluss noch weiter dort als Berater tätig war, habe ich viele andere Unternehmen kennengelernt“, erzählt er und fügt hinzu: „Deshalb kann ich auch im Vergleich mit Jobs bei anderen Unternehmen, zum Beispiel Banken oder Elektronikkonzernen, einschätzen, dass die Arbeit bei einer Versicherung wirklich alles andere als langweilig ist.“
Aber wie sieht sein Arbeitsalltag als Lösungsarchitekt überhaupt aus? „Zunächst einmal ist es wichtig zu betonen, dass wir hier nicht den ganzen Tag im Keller sitzen und uns Softwarelösungen ausdenken“, erzählt er lachend. Als Teil des Entwicklungsteams sei es seine Aufgabe, fachliche Anforderungen in einem bestimmten System umzusetzen.
Krankenschein digital versenden
Wie das genau funktioniert, erklärt Herkommer an einem konkreten Beispiel: „Vor einiger Zeit haben wir aus der Marketing- und Vertriebsabteilung die Idee bekommen, dass es ziemlich cool wäre, wenn die Versicherten ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr per Post an uns senden müssten, sondern einfach per Handy abfotografieren und digital an uns übertragen könnten.“ Die besondere Schwierigkeit: Sozialdaten, zu denen diese Informationen für die Krankenkasse zählen, unterliegen in Deutschland strengen Datenschutzvorschriften. „Und auch die Echtheit der Dokumente mussten wir gewährleisten“, so Herkommer.
Das Team, zu dem der ITler zählt und mit dem er die Softwarelösung entwickelt hat, besteht aus drei Säulen. Das vorderste Glied in der Kette ist der Unternehmensarchitekt, bei dem eine neue Idee als erstes auf dem Tisch landet. „Er überlegt sich, welches System für die technische Umsetzung geeignet ist“, erzählt Herkommer. In diesem Fall also die Handyapp, mit der das Dokument fotografiert und die Daten verschlüsselt übertragen werden. Dazu kamen ein weiteres System, um die Daten zu verarbeiten und eines, um sie intern bei der BARMER zu verbuchen.
„Je nachdem, wie komplex die Aufgabe ist, kann sie der Unternehmensarchitekt auch schon mal selbst dem System, in dem die Anforderung umgesetzt werden soll, zuordnen“, erzählt Herkommer. „In diesem Fall aber waren so viele Systeme involviert, dass sich der Unternehmensarchitekt mit den Lösungsarchitekten per Videokonferenz beraten hat, um gemeinsam eine geeignete Lösung zu überlegen, mit der die Daten empfangen und verarbeitet werden können.“
Umgesetzt, so erzählt Herkommer weiter, haben diese schließlich die Softwareentwickler, die die dritte Säule des Teams bilden. „Und wenn dann alles klappt, werden die App-Bilder am Ende rein maschinell verarbeitet.“
Vom Algorithmus zum Menschen
In puncto Arbeitsablauf und Organisationsstruktur, sagt Jonas Herkommer, könne er keinen großen Unterschied zur Arbeit in einem Elektronikkonzern oder einer Bank erkennen, wie er sie in seinem vorherigen Job kennengelernt habe. Relevant aber sei für ihn die Arbeitseinstellung: „Wenn bei uns etwas nicht funktioniert, dann ist das nicht etwa wie bei einem großen Onlineshop, bei dem die Kunden ihre Bestellungen nicht mehr durchführen können und wir allenfalls Geld verlieren“, sagt er. „Bei uns haben die Versicherten ein Problem und dabei wollen wir ihnen helfen und sie unterstützen. Dass wir für ihre Gesundheit da sind, ist eine große Verantwortung – die treibt uns an und macht die Arbeit bei einer Krankenkasse besonders.“
Und auch für Julia Steinmetz spielt der Gedanke an die Kunden bei ihrer täglichen Arbeit eine wichtige Rolle: „Obwohl wir mit unserem Produkt im Kern einen Algorithmus entwickeln, sind wir extrem nah am Lebensalltag der Menschen dran – und genau das ist es, was die Versicherungsbranche für mich so spannend macht.“
Trend Smart Insurance: Wie ITler Versicherungsunternehmen in die digitale Zukunft führen.