BND_Martin Lukas Kim

I wish I was James BND

Bild: Martin Lukas Kim — Serverraum im neuen IT-Zentrum des BND

Die Kämpfe der Zukunft werden sich vor allem im virtuellen Raum abspielen. Der Bundesnachrichtendienst (BND) baut die Abteilung für Cyber-Sicherheit massiv aus, ist auf der Suche nach jungen Hacker-Talenten. Doch wie ist es, wenn der Arbeitgeber ein Nachrichtendienst ist? Fünf junge Agenten erzählen.

Der BND will reden. Nicht nur über Cyber-Security, sondern vor allem darüber, wie schwer es mittlerweile ist, gute Mathematiker und ITler zu finden. Also hat er UNIGLOBALE zu sich eingeladen, nach Berlin-Lichterfelde, in ein Besucherzentrum hinter hohen Mauern aus rotem Backstein, umschlossen von lauter Kameras.

Hier sitzen Spione an einem Konferenztisch, die meisten noch relativ frischgebacken. Man merkt, dass sie ihren Job ernst nehmen: Sie sehen auffällig unauffällig aus. Einer wirkt in seinem unscheinbaren Hemd wie der steife Mathe-Student aus der Bibliothek, eine Agentin könnte genauso gut die Dozentin sein, die einen an die Essay-Deadline erinnert, und der nächste könnte wiederum der Sportwissenschaftler sein, mit dem man auf der letzten WG-Party ein Bier zu viel getrunken hat. Sie nennen sich Lina, Christina, Fabian, Sascha und André – Namen, die man ebenso wie ihre Hintergrundgeschichten hinnehmen muss. Trotzdem wollen sie – so offen es geht – über ihren Weg zum BND reden. Am Konferenztisch eingerahmt werden sie von älteren Semestern aus verschiedenen Fachabteilungen: Personal, Eigensicherung sowie Cyber-Sicherheit und Technische Aufklärung (TA).

Mit IT gegen Organisierte Kriminalität und Hacker-Angriffe

Dass sich der BND, normalerweise ein doch recht zugeknöpfter Verein, so weit öffnet, liegt vor allem an drei Buchstaben und einer Menge Geld. SIT – die „Strategische Initiative Technik“ soll den BND fit für das 21. Jahrhundert machen. Die Mittel, die die Bundesregierung in die Hand genommen hat, um ihren Auslandsnachrichtendienst auf Vordermann zu bringen, sind enorm: knapp eine Milliarde Euro für Sachmittel und Personal. Konkret bedeutet das, dass im Rahmen der Initiative bis 2020 Hunderte neue Stellen besetzt werden sollen. Die neuen Agenten haben die Möglichkeit, Augen und Ohren Deutschlands im Ausland sein: Ob es um Rauschgiftschmuggel, internationalen Terrorismus oder eben künftige Attacken auf die Cyber-Sicherheit Deutschlands geht – im besten Fall klären sie die Aktivitäten mit technischen Mitteln auf, so dass diese gegebenenfalls verhindert werden können.

Zurück zum Tisch im Besucherzentrum: Sascha ist 25 Jahre alt, hat Wirtschaftsinformatik studiert und erklärt, warum es am Ende der BND wurde. Er zählt auf, welche Behörden für ihn noch in Frage gekommen wären – und warum: Bundeswehr – Sport und Action. Bundeskriminalamt – spannende Fälle aufklären. Verfassungsschutz – Einblicke in die Lebenswelt deutscher Extremisten, die man sonst nicht kriegt.

Der BND wirbt um die gleichen Absolventen wie Google und Apple

Dass es dann der BND mit seinen Möglichkeiten im Ausland und dem höchsten Budget wurde, habe aber auch an den Listen gelegen, auf denen IT-Absolventen die Top-Arbeitgeber der Branche wählen. Auf den ersten Plätzen tummeln sich uneinholbar internationale Riesenkonzerne wie Google und Apple. Etwas weiter hinten, aber immerhin schon auf Platz 14 und als erste Behörde: der BND. Wenn man es einmal schafft, seien Zulagen und Gehalt durchaus konkurrenzfähig – schließlich erhalte man eine IT- und eine Sicherheitszulage sowie die Chance auf Verbeamtung.

Doch spätestens bei der Bewerbung habe man gemerkt, dass man sich für einen Nachrichtendienst beworben hätte, sagt André. Sein ganzes Leben habe er ausbreiten müssen. Schließlich gilt das SÜG, das Sicherheitsüberprüfungsgesetz. BND-Bewerber werden auf der höchsten Stufe kontrolliert. Jede Auslandsreise, jeder Kontakt zu internationalen Kollegen muss aufgezählt werden. André, einen promovierten Physiker, stellte das vor mehrere Probleme: „Ich musste erst einmal anhand von Fotos aus meiner Jugend rekonstruieren, wo ich damals wo und wann genau war“, sagt er. Und auch seine Uni-Laufbahn sorgte für Arbeit: Er, der oft auf wissenschaftlichen Konferenzen im Ausland war und viel mit internationalen Kollegen zusammenarbeitete, musste das alles aufführen. Als sich dann herausstellte, dass eine Kollegin von ihm aus Russland stammt, sollte er herausfinden, wo sie genau geboren war, damit der BND mehr über sie herausfinden konnte. „Das war mein erster James-Bond-Test“, sagt Sascha. Den löste er mit Bravour: Nach der Universität traf es sich mit ihr auf ein Bier, erfuhr es letztendlich – und kam in die IT-Abteilung des BND.

Wenn das Handy auf der Arbeit nichts zu suchen hat

Internationale Teams, die man aus dem Silicon Valley und der Start-up-Szene kennt, wird man beim BND in Berlin oder Pullach bei München nicht finden: Die deutsche Staatsangehörigkeit ist notwendig, um bei der Bundesbehörde zu arbeiten. „Einem anderen Staatsbürger vertraue ich zunächst sicher weniger“, sagt die Mitarbeiterin von der Eigensicherung, die ebenfalls mit am Tisch im Besucherzentrum sitzt. Die Nachwuchsagenten nennen jedoch einen Punkt, der zunächst verwundert: die Work-Life-Balance stimme beim BND. Das habe einen ziemlich einfachen Grund, sagt Sascha. „Man darf sich seine Arbeit gar nicht mit nach Hause nehmen.“ Auch am Arbeitsplatz sei die Ablenkung geringer als bei Google & Co. Man gibt sein Smartphone ab, ist im Büro nur in Notfällen erreichbar. Mal nebenbei auf Facebook vorbeischauen oder auf dem Arbeitsrechner eine Airbnb-Bude buchen? Unvorstellbar. Digital Detox in der Bundesbehörde.

So soll auch verhindert werden, dass Sicherheitslücken innerhalb des Nachrichtendiensts entstehen. Gleichzeitig beschäftigt der BND branchenüblich einen eigenen Bereich, der die Sicherheit der eigenen IT-Infrastruktur prüft. Während das „red team“ versucht, in das System einzudringen und eine Schadsoftware zu hinterlassen, soll das „blue team“ genau das verhindern. Das Ganze ähnle einem großen Räuber-und-Gendarm-Spiel, heißt es scherzhaft am Konferenztisch. Und hier hakt sich der Abteilungsleiter aus der Cyber-Sicherheit ein. Denn die Kompetenzen dieser beiden Teams zusammengenommen, das ergibt den idealen BND-ITler: „Jemand bei uns braucht von beidem etwas: Denken wie ein Hacker, und trotzdem lieber der Gendarm sein“, sagt er.

Gezielt gegen Hacker statt massenhaft gegen Bürger

Die Frage steht im Raum, wer denn nun gejagt wird: „Wir schauen schon vor allem auf die großen Jungs“, sagt der Cyber-Experte, damit meinte er staatliche und nichtstaatliche Hacker-Gruppen aus dem Ausland. Eine Massenüberwachung der deutschen Bevölkerung, das sei definitiv nicht die Aufgabe des BND: „Wir sind der Auslandsnachrichtendienst. Der Durchschnittsdeutsche ist für uns gar nicht relevant.“ Der Experte für Technische Aufklärung beschreibt es mit einem Bild: Während andere Nachrichtendienste Methoden anwenden, die mit einem Schleppnetz zu vergleichen sind, ist der BND aufgrund von Gesetzen dazu verpflichtet, mit einer Harpune auf Hacker-Jagd zu gehen.

Am Konferenztisch drängen jetzt andere Themen in den Vordergrund, die Snowden-Affäre, ein allgemeines Misstrauen gegenüber den Nachrichtendiensten; Themen, die vor allem bei jungen, netzaffinen Menschen in Deutschland heiß diskutiert werden. Natürlich sei es spannend, wenn im Freundeskreis solche Gespräche geführt werden, sagt Christina. Sie ist Anfang 30 und schon fast vier Jahre beim BND. In solchen Gesprächen müsse man sich aber auch mal auf die Zunge beißen, weil man nicht auf Augenhöhe mit seinen Freunden reden könne, da ist sie sich mit ihren BND-Kollegen einig. Sie selber sei am Ende stolz darauf, beim BND zu arbeiten: „Das hier ist der Ort, an dem wir durch sehr viel Wissen auch eine große Verantwortung haben.“ Dann schiebt sie lächelnd hinterher: „Wir versuchen natürlich immer, Gutes damit zu tun.“

​Alles rund um das Thema Karriere beim BND findest du hier.


Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist auf der Suche nach jungen Hacker-Talenten.

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