Asta Baumöller bezeichnet sich selbst als Jägerin und Sammlerin. Eigentlich ist sie Personal- und Unternehmensberaterin. Ihre Firma MELT.MEDIA RECRUITMENT vermittelt Fachkräfte in Medienberufe und in die Kreativwirtschaft, u.a. in die Gamesbranche. Am 6. August ist sie deswegen in Köln und nimmt im Rahmen der weltweit größten Messe für digitale Spiele am gamescom congress teil. Gemeinsam mit Dr. Stephan Brunow (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung), Andrej Maibaum (Blue Byte) und Achim Quinke (Quinke Networks) wird sie sich über das Thema „Games-Fachkräftemangel reloaded: Neue Wege in Recruiting & Weiterbildung“ austauschen. Wir haben uns im Vorfeld schon einmal mit Asta Baumöller über den Fachkräftemangel, die Einstiegschancen und Jobperspektiven in der Gamesbranche unterhalten.
Frau Baumöller, wie sieht der Arbeitsmarkt in der Gamesbranche aus?
Einerseits wächst die Gamesbranche rasant, was wiederum bedeutet, dass wahnsinnig viele Arbeitsplätze geschaffen werden und es viele offene Stellen gibt. Die Branche hat jedoch Probleme passende Fachkräfte & Nachwuchs zu finden und an sich zu binden. Andererseits gibt es viele junge Menschen, die gerne in dem Bereich arbeiten würden - anscheinend aber (noch) nicht über das passende Profil verfügen oder Fehler bei der Bewerbung machen.
Das hört sich doch erst einmal ideal an: viele offene Stellen und viele Interessenten. Wieso kommt das nicht zusammen?
Die Gründe dafür liegen auf beiden Seiten – bei den Arbeitgebern und den Interessenten. Hauptgrund ist sicher, dass die Branche jung ist und - auch international gesehen - deshalb generell noch nicht viel spezialisiertes Personal vorhanden ist. Die Gamesbranche wirkt zudem auf mich, als außenstehende Personalberaterin, in sich sehr geschlossen. Ich habe den Eindruck, dass die Entscheider in der Gamesindustrie bei einem Bewerber sehr früh spüren möchten, dass sie es mit einer gamesaffinen Person zu tun haben die nachweislich schon Berührung mit dem Thema hatte. Das macht sich in der Regel an bestimmten Punkten im Anschreiben, im Lebenslauf oder im Portfolio fest - z.B. durch ein Praktikum, eine Fortbildung oder vertiefte Kenntnisse der Branche und ein beweisbar hohes, persönliches Interesse am Thema.
Und auf Bewerberseite?
Meiner Ansicht nach gehen die meisten Interessenten zu naiv an eine Bewerbung heran. Viele möchten schlicht sehr gerne in der Branche arbeiten und bewerben sich mit ein und derselben Bewerbung bei mehreren Firmen. Dieses Schrottflintenprinzip ist in der Regel zum Scheitern verurteilt. Besser ist es, sich bereits im Vorfeld zur Bewerbung Gedanken darüber zu machen, welchen Mehrwert man als Bewerber für eine Firma darstellen kann, wie genau das eigene Profil aussieht und was eigentlich gesucht wird - was da zusammen passt. Ich glaube es ist wichtig, sich in den potenziellen Arbeitgeber hineinzuversetzen und sich die Stellenausschreibung ganz genau durchzulesen. Man sollte sich nicht davon abschrecken lassen, wenn Kompetenzen gefordert werden, die man vielleicht noch nicht in Gänze mitbringt. Eine Bewerbung macht Sinn wenn man ca. 70% der gewünschten Anforderungen erfüllt - die Bewerbung sollte dann jedoch auch zielgerichtet, auf diese Fähigkeiten & Skills aufbauend, gestaltet werden. Das gilt übrigens auch für Bewerbungen in anderen Branchen.
Wie können denn nun Arbeitgeber und Bewerber besser zueinander finden? Wer von beiden sollte da umdenken?
Es würde der Gamesbranche meiner Ansicht nach gut tun, etwas offener zu werden. Normalerweise mangelt es nicht an Bewerbungseingängen - viele erhalten Wäschekörbe voller Bewerbungen von denen zwei Drittel überhaupt nicht passen. Dennoch: Bewerber die nicht alle Anforderungen erfüllen, sollten meiner Meinung nach nicht so schnell kategorisch aussortiert werden wie aktuell üblich. Es könnte zielführend sein mehr Kandidaten bei denen man z.B. einen guten persönlichen Fit vermutet zu einem Gespräch einzuladen, um festzustellen, ob diese auf dem gleichen Treibstoff laufen, ob sie die richtige Motivation mitbringen, ob der kreative Ansatz stimmt und eine Bereitschaft da ist sich in neue Themen einzuarbeiten.
Unterscheidet sich die Gamesbranche in dieser Eingefahrenheit bei der Fachkräftesuche von anderen Branchen?
Das würde ich so nicht sagen. Mein generelles Gefühl: je mehr technologische Kenntnisse für eine Position nötig sind, umso größer die Unsicherheit bei der Beurteilung eines Profils. Was wahrscheinlich ein bisschen damit zu tun hat, dass in den Personalabteilungen dieser Welt in der Regel keine Technologen sitzen. Das heißt, dass der Personalverantwortliche Kompetenzen bei den Bewerbern beurteilen muss, in denen er selbst nicht wirklich spezialisiert ist. Es ist deswegen wichtig, dass sich die Personaler das entsprechende Wissen aus den jeweiligen Departments holen und eng mit Fachabteilungen zusammen arbeiten. Meiner Erfahrung nach wird bei einem technologischen Job leider eher geschaut, ob der Bewerber mindestens acht von zehn geforderten Tech-Kenntnissen hinreichend belegen kann und kaum nach passenden Softskills, guter Motivation oder Cultural Fit, da man sich dann in der Beurteilung sicher fühlt.
Ist die Gamesbranche nur was für ITler?
Nein. Eine Affinität zum Thema sollte zwar da sein, aber auch in der Gamesindustrie werden Grafiker, Designer, Sounddesigner, Autoren, Menschen fürs Marketing etc. gesucht. Es gibt nicht den typischen Job für den Gamesbereich.
Würden Sie die Branche generell als attraktiven Arbeitgeber bezeichnen?
Ich glaube schon, dass man die Branche an sich als interessanten Arbeitgeber sehen kann, bei welchem man an Innovationen mitarbeiten kann. Die Firmen bemühen sich in der Regel sehr, ihre Mitarbeiter zu binden, mit Feel-Good-Managern, allen möglichen Features in den Büros und an den Arbeitsplätzen, einer unglaublichen Flexibilität und so weiter. Vor allem im Vergleich zu anderen Branchen sind die Arbeitsverhältnisse schon sehr luxuriös. Aber auf der anderen Seite sind Teams durch den allgemeinen Fachkräftemangel oftmals unterbesetzt, was dazu führen kann, dass die Arbeit von eigentlichen fünf Personen auf nur zwei verteilt wird.
Momentan gibt es kaum Hochschulen die Studiengänge im Gamesbereich anbieten. Ist die Gamesbranche deswegen eine Branche der Quereinsteiger?
Ich glaube, dass die Branche vor allem zu Beginn eine Quereinsteigerbranche war, dies aber nicht mehr ist. Mittlerweile gibt es ja auch einige private Schulen, die in diesem Bereich ausbilden. Und je mehr Leute im Markt präsent sind, die eine solche Ausbildung genossen haben, umso höher vielleicht auch die Ansprüche der Branche an Bewerber. Ich hoffe sehr, dass die staatliche Ausbildung in den nächsten Jahren nachzieht. Es wäre angemessen, wenn das staatliche Bildungswesen das Thema Games mehr in den Blick nehmen würden. Schließlich ist die Branche auch ein ungemeiner Wirtschaftsfaktor mit vielen offenen Stellen. Außerdem glaube ich, dass ausgebildete Gamer nicht nur für die Gamesbranche interessant sind.
Meinen Sie das Thema Gamification?
Genau. Ich merke in meiner Arbeit immer mehr, dass erfahrene Fachkräfte aus der Gamesbranche auch für andere Branchen interessanter werden. Beispielsweise für Agenturen oder für Firmen die ein extrem trockenes, digitales Produkt konzeptionell optimieren, spannender gestalten möchten. Hier eignen sich vor allem Menschen aus der Gamesbranche mit ihren Erkenntnissen und Daten, die sich aus dem Spieleverhalten und der Konzeption von Games ergeben, besonders gut für solche Aufgaben.
Sie werden auf dem gamescom congress mit Vertretern aus der Branche über genau diese Themen diskutieren. Was erhoffen Sie sich davon?
Ich bin sehr gespannt, was für Antworten kommen werden, wenn es um das Thema Fachkräftemangel geht. Bei manchen Firmen sind seit Jahren mehrere hunderte Stellen ausgeschrieben, die immer noch nicht besetzt sind. Ich frage mich als Aussenstehende, wie das möglich ist: Ist es nicht wichtig die Positionen zeitnah zu besetzen? Gehen die Entscheider oder Personalabteilungen falsch vor? Oder ist die Anzahl an geeigneten Bewerbern wirklich so gering? Auf die Insights aus der Branche bin ich schon jetzt sehr gespannt.
Weitere Infos zum gamescom congress und das komplette Vortragsprogramm stehen online zur Verfügung. Tickets für den Kongress kosten lediglich 49 Euro und sind hier erhältlich.
Asta Baumöller bezeichnet sich selbst als Jägerin und Sammlerin. Eigentlich ist sie Personal- und Unternehmensberaterin. Ihre Firma MELT.MEDIA RECRUITMENT vermittelt Fachkräfte in Medienberufe und in die Kreativwirtschaft, u.a. in die Gamesbranche. Am 6. August ist sie deswegen in Köln und nimmt im Rahmen der weltweit größten Messe für digitale Spiele am gamescom congress teil. Gemeinsam mit Dr. Stephan Brunow (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung), Andrej Maibaum (Blue Byte) und Achim Quinke (Quinke Networks) wird sie sich über das Thema „Games-Fachkräftemangel reloaded: Neue Wege in Recruiting & Weiterbildung“ austauschen. Wir haben uns im Vorfeld schon einmal mit Asta Baumöller über den Fachkräftemangel, die Einstiegschancen und Jobperspektiven in der Gamesbranche unterhalten.