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Anders Erfolgreich

Gegen die Diskriminierung von Minderheiten, für mehr Chancengleichheit: Diversity ist für viele Unternehmen heute ein wichtiges Thema. Weil sie erkannt haben, dass Talent und Potenzial unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Sexualität oder Alter sind.

Eigentlich sollte die sexuelle Orientierung bei der Berufswahl keine Rolle spielen. Warum halten sich dann Klischees so hartnäckig wie: Alle männlichen Frisöre und Flugbegleiter sind schwul? »Vielleicht suchen sich tatsächlich viele Homosexuelle einen Beruf wie Frisör aus, eben weil sie in diesem Berufsfeld akzeptierter sind und dort ihre Sexualität nicht verstecken müssen. Vielleicht trauen sich Menschen in anderen Berufen aber auch nicht, offen zu ihrer Sexualität zu stehen«, vermutet Christoph Vinck, der das Recruiting-Team »Building Technologies« von Siemens in der Schweiz in Zürich leitet und dort auch für die Bereiche Employer Branding und Diversity zuständig ist. Wo sind zum Beispiel die schwulen Spitzensportler oder Unternehmensvorstände? »Würden sich hier mehr outen, würde sich das Bild entzerren und wir hätten nicht mehr diese Fokussierung auf sogenannte Regenbogenberufe.«

Als Personalmanager wirft Vinck im Jobinterview nicht nur einen Blick auf die Fähigkeiten und Qualifikationen eines Bewerbers. Die Persönlichkeit spielt eine große Rolle – auch in Hinblick auf Toleranz und Offenheit. »Bei uns arbeiten 27 Nationalitäten zusammen, da kommt man gar nicht miteinander aus ohne ein vernünftiges Maß an Toleranz. Wir achten deshalb darauf, Mitarbeiter einzustellen, die mit Vielfalt umgehen können. Wer im Vorstellungsgespräch zum Beispiel eine abfällige Äußerung über Homosexuelle oder Migranten fallen lässt, den würde ich niemals einstellen.«

Neue Wege zu mehr Vielfalt

Lea Böhm berät als »New Work«-Expertin Firmen, die sich an die Anforderungen einer modernen Arbeitswelt anpassen wollen, indem sie beispielsweise Führungskräfte in ihrer Verantwortung entlasten und Mitarbeitern mehr Mitspracherecht einräumen. »In vielen Unternehmen gilt: Gleich und Gleich gesellt sich gern. Viele männliche Chefs stellen gerne Männer ein, weil diese ihnen ähnlich sind. Lagert man die Entscheidung aber ins Team aus, ist die Grundlage eine andere und die Wahrscheinlichkeit höher, dass auch weibliche Bewerber in Betracht gezogen werden«, sagt Böhm. Die Umsetzung solcher Strukturen braucht Zeit. Und hängt stark vom Chef ab. »Aber das Aufbrechen alter Muster kann dabei helfen, in den Köpfen der Vorgesetzten und Mitarbeiter etwas zu verändern und Beweglichkeit und Vielfalt zu fördern.«

Doch wie lässt sich Diversity dauerhaft in den Unternehmensalltag integrieren? »Alle Unternehmen sprechen darüber, aber nur wenige haben verinnerlicht, was es bedeutet. Man muss es im Alltag gar nicht ständig thematisieren, aber da, wo Mitarbeiter zum Beispiel aufgrund ihrer Nationalität, Sexualität, ihres Geschlechts oder aus anderen Gründen diskriminiert werden, muss man Stellung beziehen und durchgreifen«, sagt Personalmanager Vinck. »Im Klartext: Wer das tut, muss bei uns nicht nur mit einer Abmahnung, sondern im Zweifel mit einer Entlassung rechnen.«

Barrierefreiheit beginnt im Kopf

Janis McDavid ist einer von vielen Wirtschaftsstudenten an der Uni Witten/Herdecke. Der Unterschied zu seinen Kommilitonen: Mit seinen 24 Jahren ist er bereits gefragter Motivationsredner, Buchautor und aktuell häufiger bei Interviewterminen als in der Uni. Außerdem ist Janis ohne Arme und Beine auf die Welt gekommen. Wer glaubt, das würde ihn davon abhalten, mit dem Auto zu seinem Nebenjob bei IBM nach Berlin zu fahren, ein Auslandssemester in London zu machen oder so oft wie möglich zu verreisen, der irrt. Sein Hightech-Rollstuhl und sein umgebautes Auto machen es möglich. Und vor allem sein starker Wille.

»Unternehmen mit physischen Barrieren und – schlimmer noch – solche mit Barrieren in den Köpfen der Entscheidenden verschenken ein großes Potenzial, wenn sie Menschen mit Behinderung nicht als potenzielle Arbeitnehmer in Betracht ziehen«, sagt Janis. In vielen Unternehmen herrsche eine gewisse Unsicherheit, wenn es darum gehe, Menschen mit Behinderung einzustellen. »Das liegt einerseits an mangelnder Erfahrung, andererseits an Vorurteilen, die sich hartnäckig halten. In der heutigen Zeit eines sehr starken internationalen Wettbewerbs ist es aber wichtig, alle Potenziale von Arbeitnehmern zu nutzen. Es gibt viele positive Beispiele, wo Menschen mit physischen oder geistigen Behinderungen gute Arbeit leisten.« Um ihre Talente zu nutzen, sind oft nur Kleinigkeiten nötig. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch und eine Software, die die Eingabe langer Texte übernimmt – solche Details ermöglichen es Janis, gleichberechtigt seine Arbeit zu erledigen.

Jung, weiß, deutsch?

Barrieren in den Köpfen von Personalern – nicht nur für Menschen mit Behinderung können sie zum Nachteil werden. Nach wie vor spielt auch die Herkunft bei der Bewerberauswahl eine große Rolle. Gut ausgebildete Migranten tun sich auf dem Arbeitsmarkt deutlich schwerer als deutsche Bewerber mit gleicher Qualifikation. Laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln gehen hierzulande lediglich 30 Prozent der Akademiker mit ausländischen Wurzeln einem Beruf nach, der ihren Qualifikationen entspricht. In manchen Fällen liegt das daran, dass Abschlüsse nicht anerkannt werden. Nach der Erfahrung von Dr. Ediz Bökli betrifft es aber auch junge Akademiker, die in Deutschland geboren sind und hier studiert haben. »Viele Unternehmen, vor allem im Mittelstand, haben noch immer Berührungsängste«, sagt der Personalvermittler. Ein ausländisch klingender Name auf der Bewerbungsmappe, und schon wird sie aussortiert? »Jung, weiß, deutsch: Manche Personaler wählen nach wie vor nach diesem überholten Muster aus.«

Seit Jahren beobachtet Bökli, der 2005 eine deutsch-türkische Personalberatung in Osnabrück gegründet hat, wie junge, hochqualifizierte Uniabsolventen mit türkischem Migrationshintergrund nach ihrem Abschluss in die Türkei auswandern. Sie fühlen sich benachteiligt bei der Stellensuche. »Sie wurden hier hervorragend ausgebildet, haben sich sozialisiert, aber einen Job bekommen sie nicht. Das ist verschenktes Potenzial. Das Durchschnittsalter in Deutschland liegt bei 44 Jahren, es fehlt an Nachwuchs, überall wird über den Fachkräftemangel lamentiert. Doch es wird immer noch nicht ausreichend wahrgenommen, dass wir hier hochqualifiziertes Personal mit Migrationshintergrund haben«, kritisiert Bökli, der sich wünscht, dass die Unternehmen den Bewerbern Berufsein- und aufstieg nicht so schwer machen würden. »Viele Akademiker, mit denen ich spreche, haben das Gefühl, dass sie doppelt so gut sein müssen wie deutsche Mitbewerber. Dabei bringen sie durch ihren Migrationshintergrund zwei Qualifikationen mit, die auf dem globalen Arbeitsmarkt sehr gefragt sind: interkulturelle Kompetenzen und Mehrsprachigkeit.«

»Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter ist einzigartig und wird von uns dabei unterstützt, die persönlichen Fähigkeiten zu entwickeln und optimal einzusetzen. Diversity als Teil der Unternehmenskultur muss wachsen, daher braucht es langfristige Strategien und Engagement, um die gesetzten Ziele bei allen Mitarbeitenden und insbesondere bei den Führungskräften selbstverständlich werden zu lassen.«

Uta Menges, Diversity & Inclusion Leader, IBM, Berlin

»Diversität zahlt sich aus! Wir sind überzeugt, dass gemischte Teams bessere Ergebnisse erzielen und somit entscheidend zum Unternehmenserfolg beitragen. Dies belegen nicht nur unsere zahlreichen Studien zu dem Thema, sondern auch unsere tägliche Arbeit. Bei McKinsey setzen wir auf eine Vielzahl an Fachrichtungen, unterschiedliche Erfahrungshorizonte und Internationalität. Dabei ist uns sehr wichtig, auch weiterhin viele Frauen für die Beratung zu begeistern.«

Nadja Peters, Director of Recruiting, McKinsey & Company


Diversity ist für viele Unternehmen heute ein wichtiges Thema.

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