„Ich habe nicht eine Sekunde meines Lebens an diesem Beruf gezweifelt. Denn er hat mir alles gegeben, was ein Mensch sich wünschen kann: Erfüllung, Spannung, Abenteuer, Glück, Abwechslung, Erfolgserlebnisse, Anerkennung und Wohlstand.“
Mit dieser Liebeserklärung an den Ingenieursberuf leitet Ekkehard D. Schulz sein Buch „55 Gründe Ingenieur zu werden“ ein. Schulz, selbst Ingenieur und bis 2011 Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, wirbt darin leidenschaftlich für seine Zunft und um den technischen Nachwuchs. Wir haben zehn Gründe exemplarisch herausgegriffen und zusammengefasst.
Weil Ingenieure… 1 …Künstler sind
Seit Leonardo da Vinci wissen wir: Das Ingenieurwesen ist eng mit den Künsten verbunden. So schuf der italienische Maler nicht nur die berühmte „Mona Lisa“, sondern auch zahlreiche Kräne für den Häuser-, Brücken- und Schiffsbau und skizzierte Fluggeräte, die den heutigen Hubschraubern gleichen. Wenn Ingenieure arbeiten, verbinden sich Kreativität, Spieltrieb und Erfindergeist mit den Gesetzen von Chemie, Physik, Mathematik und Mechanik. Und nicht selten wirken schon technische Zeichnungen und Konstruktionsskizzen wie kleine Kunstwerke.
2 …immer einen Job finden
Über 60.000 Ingenieursstellen sind derzeit unbesetzt. Wer demnach heute eine Ingenieurwissenschaft studiert, kann quasi mit einer Job-Garantie rechnen. Denn Deutschland zählt in Sachen Industrie, Forschung und Entwicklung zu den erfolgreichsten Nationen Europas. Rund 1.500 Weltmarktführer wirtschaften hier. Manchmal lohnt auch ein Blick in Richtung der „Hidden Champions“, also mittelständischen Unternehmen, die nahezu unbemerkt in einer Nische Weltspitze sind.
3 …beste Chancen bei Frauen haben
Ingenieure und Techniker sind lebensfremde Eigenbrödler, lieben Sport, Autos und Karohemden. Soweit das Klischee. Eine andere Sprache spricht eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Hier wählten Frauen den Ingenieur auf Platz 5 ihrer Partnerwunschliste, gleich hinter Arzt, Lehrer, Architekt und Rechtsanwalt. Denn: Ingenieure sind zupackend, pragmatisch, können einen Nagel in die Wand schlagen und knobeln und basteln solange, bis die Waschmaschine wieder läuft. Natürlich haben auch Ingenieurinnen beste Chancen bei Männern ;)
4 …in Hollywood beliebt sind
Die Welt von Film und Fernsehen ist voll von Tüftlern. Star Trek-Chefingenieur Montgomery „Scotty“ Scott reparierte den Warp-Antrieb auch unter widrigen Umständen, Waffenmeister Q tunt James Bonds Uhr oder Aston Martin mit allerlei technischen Finessen und MacGyver brauchte zum Bombenentschärfen nichts weiter als eine Büroklammer. Meist sind sie „die Guten“, manchmal aber auch böse (Dr. Octopus in Spiderman) oder verrückt (John Forbes Nash in A Beautiful Mind).
5 …die Erotik des Alltags erspüren
Ingenieure haben eine andere Sicht auf die Welt: Für sie sind die kleinen Probleme ebenso interessant wie die großen, vielleicht sogar noch interessanter. Viele unserer Alltagsgegenstände sind genau aus diesem Antrieb heraus erfunden wurden. So gaben alltägliche Probleme wie verbrannter Toast bzw. das umständliche Erhitzen den Anreiz für die Erfindung des vollautomatischen Toasters (Charles Strite, 1919) bzw. der Wasserkocher s(Arthur Leslie Large, 1922). Philippe Guy E. Woog nahm sich gleich zweier „Probleme“ an: 1954 erfand er die elektrische Zahnbürste, 1991 den Vibrator.
6 …in vielen Berufsfeldern zu Hause sind
Es gibt kaum einen Beruf, der so vielseitig ist wie der des Ingenieurs. Am bekanntesten sind wohl Fachrichtungen wie Bauingenieurwesen, Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik, Wirtschaftsingenieurwesen und Verfahrenstechnik. Doch es geht noch spezifischer: Auch in Berufsfeldern wie Abfallwirtschaft, Biotechnologie, Controlling, Flugzeugbau, Kybernetik, Marketing, Mikrosystemtechnik, Stadtplanung, Vertrieb oder Weinbau sind Ingenieure gefragt.
7 …uns durch eine unbekannte Welt lotsen
Der 29. Oktober 1969 ist bis heute ein denkwürdiger Tag. Denn Forschern aus Los Angeles und Stanford gelang es damals erstmals, Computer miteinander zu vernetzen. Zwar war nach drei übertragenen Buchstaben Schluss, einer der Rechner stürzte ab, dennoch wurde damit die Grundlage für das Internet geschaffen. In den letzten 45 Jahren haben Ingenieure das World Wide Web zu einem Massenmedium ausgebaut, in dem über 300 Millionen Domains registriert sind, täglich mehrere Milliarden E-Mails versandt werden und 400 Millionen Menschen Facebook nutzen. Und die Entwicklung geht weiter: In wenigen Jahren werden wir uns wahrscheinlich fragen, wie es damals war in der Zeit, als die Kaffeemaschine noch nicht über via Internet bedienbar war.
8 …Popstars sind
Ohne die Erfindung von Ingenieuren würde die Welt heute wohl ganz anders klingen. Der Diplom-Audioingenieur Stefan Ladage komponierte z. B. 1997 die erste individuelle Telefon-Warteschleife für ein Unternehmen. Auch die wichtigste Musikinnovation der letzten Jahre, das Format MP3, geht auf einen Ingenieur – Karlheinz Brandenburg – zurück. 1994 konvertierte dieser zum ersten Mal eine WAV- in eine MP3-Datei. Und ohne die Erfindung des Elektrotechnikers Bob Moog wären wohl auch die Beatles, Rolling Stones oder Doors nicht so erfolgreich gewesen. Denn Moog entwickelte in den 1960er Jahren den ersten kommerziell erfolgreichen Synthesizer.
9 …unglaubliche Karrieren machen können
Kaum ein Fach ist so durchlässig für sozialen und beruflichen Aufstieg wie das Ingenieurwesen. Um eine ungewöhnliche Karrieren hinzulegen, braucht es vor allem Interesse, Talent und den nötigen Biss.
Valentina Tereschkowa – Die Tochter eines Traktoristen und einer Textilarbeiterin arbeitete jahrelang in einem Spinnereikombinat. Auf der Abendschule machte sie ihr Technikerdiplom und beschloss 1961 Kosmonautin zu werden. Sie bewarb sich für ein sowjetisches Luftfahrtprogramm, wurde genommen und flog am 6. Juni 1963 als erste Frau ins All.
Artur Fischer – Fischer, Sohn eines Schneiders, begann seine Karriere als einfacher Bauschlosser. Erfolgreich und wohlhabend machten ihn seine zahlreichen Erfindungen, darunter ein Blitzlichtgerät für Fotoapparate (1949) sowie den heute überall gebräuchlichen Kunststoff-Spreizdübel (1958). Heute werden im Stammwerk in Waldachtal-Tumlingen täglich mehr als sieben Millionen dieser Fischer-Dübel produziert.
10 …zufrieden mit ihrem Beruf sind
Eine Umfrage des Verbands Elektrotechnik Elektronik, Informationstechnik (VDE) belegt: Der Ingenieur-Beruf macht überdurchschnittlich glücklich. Warum? Die Arbeit ist abwechslungsreich, ziemlich krisensicher und bietet gute Entwicklungsmöglichkeiten. Sie ist sinnstiftend, denn man schafft – wie z. B. im Fall einer Brücke – etwas Sichtbares und Bleibendes, das noch Jahre später besichtigt werden kann.
Ekkehard D. Schulz
55 Gründe, Ingenieur zu werden, Murmann Publishers 2010, 253 Seiten, ISBN: 978-3-86774-105-7
Zehn gute Gründe, warum man Ingenieur werden sollte.