Studieren ist Studieren, und bleibt Studieren. Egal ob in Deutschland oder Singapur. Sollte man meinen, doch nach 10 Wochen im Auslandssemester an der James Cook University Singapur kann ich sagen, dass das nicht immer so ist. Dabei habe ich schon so einiges, nicht nur über die verschiedenen Studiensysteme, sondern auch über mich selbst gelernt.
Anwesenheitspflicht
Das Offensichtliche zuerst: In Singapur muss ich jeden Tag mindestens drei Stunden in der Uni verbringen, selbst wenn ich keine Vorlesungen haben. Das ist eine Anordnung von der singapurischen Regierung. Die Universität hat die Pflicht sicherzustellen, dass die internationalen Studenten tatsächlich studieren und nicht arbeiten. Kontrolliert wird das mit einem Fingerabdruck-Lesegerät. Beim Betreten des Unigeländes und beim Verlassen wird der Fingerabdruck gespeichert. Das klingt erstmal recht abschreckend, ist es aber nicht, da alle Studenten im gleichen Boot sitzen.
Ich besuche vier verschiedene Vorlesungen mit je einer zugehörigen Übungsstunde. Ich bin also immer mindestens drei Stunden am Tag mit „Lernen“ beschäftigt. Da ich donnerstags eigentlich frei hätte, aber ja trotzdem in die Uni muss, treffen wir uns hier oft zum Mittagessen und quatschen. Die Uni hier fördert mit ihrem Kontrollzwang also nicht nur meine Bildung, sondern auch mein soziales Leben. Ich kann mir Schlimmeres vorstellen.
Kleine Vorlesungen
In einer Vorlesung sitzen an der James Cook vielleicht 100 Studenten. Das ist für einen Business-Studiengang relativ wenig. In Nürnberg habe ich auch schon mit 800 anderen Studenten versucht dem Professor zu folgen.
Der Unterricht wird natürlich auf Englisch gehalten. Anfangs war es ein bisschen ungewohnt und teilweise auch schwierig die Professoren zu verstehen. Besonders diejenigen, die aus China kommen. Sie haben ihre eigene Art englische Wörter auszusprechen und zu betonen. Aber man gewöhnt sich an alles. Heute ist das kein Problem mehr.
Engagierte Professoren
Besonders ungewohnt war es zu Anfang für mich, von den Professoren mit Namen angesprochen zu werden. „Good morning, Sandra! How are you today?“ In Deutschland ist mir das noch nicht passiert. Und genau da liegt meiner Ansicht nach der größte Unterschied: Hier interessieren sich die Professoren für einen und sind wirklich bemüht die Vorlesungen so zu gestalten, dass jeder etwas davon mitnehmen kann. Da können sich deutsche Professoren ruhig eine Scheibe von abschneiden
Mehr Prüfungen
Zu guter Letzt: Das Prüfungssystem. Auch das differiert zu dem in Deutschland, so wie ich es kenne. Die Note für ein Fach setzt sich hier aus mindestens drei verschiedenen Prüfungsteilen zusammen. In Nürnberg schreibe ich eine Klausur pro Fach am Ende des Semesters. Hier an der JCU musste ich schon in der zweiten Woche eine kurze Präsentation halten, die dann auch bewertet wird und zur Endnote beiträgt. Gruppenarbeiten stehen in jedem Fach auf der Tagesordnung. Besonders auch aus dem Grund mit anderen Studenten aus anderen Ländern in Kontakt zu kommen und interkulturelle Fähigkeiten zu entwickeln. Und es ist wirklich eine Herausforderung: angefangen mit den Sprachbarrieren bis hin zu unterschiedlichen Vorstelllungen eine gemeinsame Arbeit zu erstellen. Mir war nie bewusst, dass wir Deutsche wirklich so gewissenhaft, pünktlich und zuverlässig sind. Demnach ist es nicht ganz einfach mit Nationalitäten zusammen zu arbeiten, die andere Werte verfolgen. Geduld, Respekt und Toleranz sind hierbei das A und O. Egal ob in Singapur oder in Deutschland.
Sandra Guldner studiert im Wintersemester 2015/2016 an der James Cook University Singapore. Während dieser Zeit schreibt sie einmal im Monat auf unserer Webseite über ihre Erfahrungen, Eindrücke und was ihr sonst noch so im Auslandssemester passiert.
Bisherige Beiträge:
17.09.2015: Von Bayern in die weite Welt
19.10.2015: Suchst du noch oder wohnst du schon
16.11.2015: Wie man als Student in Singapur Party macht