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Interview mit Patrice

"Musik ist eine Sprache, die mir liegt."

Patrice ist ein Weltbürger: Der Sohn einer Deutschen und eines Schriftstellers aus Sierra Leone lebt in Köln, New York und Paris. Reggae, Soul, Hip Hop, Blues, R'n'B und Blue Funk – es verwundert daher nicht, dass sich auch in seiner Musik viele Stile mischen. Am 30. September erschien nun sein mittlerweile zehntes Album »Life’s Blood«. Wir haben den Ausnahmekünstler zu Identität, Politik und seiner Liebe zur Musik befragt.

Dein neues Album heißt »Life's Blood«. Was bedeutet der Titel für dich?

Patrice: »Life's Blood« bedeutet Wasser. Es geht letztendlich darum, was man am meisten braucht im Leben. Das Ganze ist eine Metapher für das, was einen zum Aufleben bringt, zum Beispiel deine Leidenschaften, deine Liebe. Meine komplette Leidenschaft ist in dieses Album geflossen. Dieses Album ist mein »Life's Blood«.

Was hat dich zu dem Album inspiriert?

Das Album ist an vielen Orten entstanden, ich bin viel gereist. Was mich thematisch am meisten beeinflusst hat, war das Leben in unserer Zeit. Die Grundmessage ist: Auch wenn uns alles heutzutage so krass erscheint, leben wir trotzdem in einer wunderbaren Welt. Und es ist ein Privileg, dass wir hier sind. Ich versuche, mit dem Album das Chaos, das um uns herum ist, ein bisschen für mich zu ordnen.

Du bist nach dem kongolesischen Freiheitskämpfer Partrice Lumumba benannt. In vielen deiner Songs sprichst du politische Themen an. Findest du, dass Kunst immer eine politische Verantwortung trägt?

Nein, das finde ich nicht. Meine Kunst ist politisch, aber es gibt anderer Leute Kunst, die reines Entertainment ist und auch das ist wichtig. Man will auch manchmal einfach nur Spaß haben, ohne groß über politische Themen nachdenken zu müssen. Aber grundsätzlich fühle ich mich in einer Tradition von Protestsängern, die über Dinge singen, die sie unmittelbar betreffen.

Was siehst du als wichtigste Aufgabe dieser Generation in Zeiten von Flucht, AfD und Rassismus?

Ich glaube, die wichtigste Aufgabe ist, sich gut zu informieren. Ich finde, dass man wirklich drauf achten sollte, woher man seine Informationen bezieht. Irgendwo sitzen jetzt in diesem Moment vielleicht auch zwei Menschen und reden über dieselben Dinge. Wenn wir mit denen zusammen kämen, kann es ein, dass wir uns schon mal ganz grundlegend nicht verstehen würden. Weil unsere Meinungen auf ganz verschiedenen Informationen basieren und wir einfach an andere Dinge glauben, ohne die vielleicht wirklich hinterfragt zu haben. Die Aufgabe besteht auch darin, radikal für unsere Werte einzustehen und Menschlichkeit vor alles zu stellen. Also eher zu fragen »Wie ist der Mensch?« und nicht »Woher kommt er, woran glaubt er?« .

Ist das auch etwas, das du deinen Kindern mit auf den Weg geben würdest?

Ich versuch's. Man sollte am besten auch immer beispielhaft vorangehen. Dinge wie Rassismus sind ja nicht angeboren, die sind beigebracht. Auf dem Spielplatz kommen alle Kinder miteinander klar, da existieren diese ganzen Dinge nicht. Das kommt später und das gucken sich die Kinder im Elternhaus, bei den Medien oder in der Schule ab. Ich denke, wir sollten alle viel mehr reisen und andere Perspektiven kennenlernen.

Du reist auch ziemlich viel, wohnst in Paris, New York und Köln, deine Mutter ist Deutsche und dein Vater stammt aus Sierra Leone. Welche Rolle spielt Identität für dich?

Identität mache ich nicht an einem Ort fest. Identität ist gleich Mensch. Ich baue mir meine Kultur selbst aus den Dingen, die ich mag. Nur weil ich in Deutschland geboren bin, heißt das nicht, dass ich Sauerkraut mag. Man macht etwas und dann wird das zu deiner Kultur. Ich glaube, wir arbeiten gerade dran, dass eine neue Kultur entsteht, die modern und kompatibel mit der Zukunft ist. Leider gibt es noch andere Leute, die halten an der Vergangenheit fest oder an irgendwelchen Büchern, die vor 3.000 Jahren geschrieben wurden, wo ein Gottesbild gepredigt wird, das nicht hinterfragt wird. Wir sollten die Geschichte neu schreiben.

Mit den anderen Leuten meinst du eher konservative Menschen?

Ich meine alle Leute, die durch irgendetwas indoktriniert sind. Auch religiöse Menschen zum Beispiel. Ich finde, Religion ist etwas total Persönliches, etwas, dass man nicht propagieren sollte. Woran immer du glaubst, ist total okay für mich, aber es hat nicht unbedingt viel mit mir zu tun. Viel wichtiger ist: Macht es dich zu einem besseren Menschen oder nicht? Funktioniert das für dich oder nicht? Wie du das dann nennst, ist total sekundär für mich.

Für dich funktioniert wahrscheinlich eher die Musik?

Musik ist für mich das Einfachste, um mich auszudrücken. Es ist eine Sprache, die mir liegt. Das Tolle an Musik ist, dass du Wort und Ton verbinden kannst. Du spielst live, bist im Studio, schreibst und bist dann einsam für lange Zeit, weil du das musst. Das sind ganz verschiedene Prozesse, die dann dazu führen, dass ein Album fertig wird und man das dann live spielt. Das ist cool. Musik ist nicht eine Sache, sondern sie ist all diese Phasen, ähnlich wie Jahreszeiten.

Wenn du einem Freund ein Mixtape machen würdest, welche drei Songs müssten da unbedingt drauf?

Auf jeden Fall »Sinnerman« von Nina Simone, dann Bob Marley mit »Natural Mystic« und 2 Live Crew mit »We want some pussy«.

Wann hast du Musik für dich entdeckt?

Mit 12. Ich komme nicht aus einer besonders musikalischen Familie, somit war das etwas, was ich komplett selbst entdecken musste. Ich habe irgendwann versucht, Gitarre zu spielen, weil das alle anderen auch gemacht haben. Und es hat funktioniert. Dann habe ich versucht, was zu schreiben. Auch das hat funktioniert. Dann gab es diesen einen Song und ich dachte: ‚Den jetzt aufzuführen, wäre super.‘ Später habe ich mir eine Band zusammengesucht, eins führte zum anderen und heute sitze ich hier und habe viele Alben gemacht.

War schon nach deinem Abi für dich klar, dass du Musiker werden willst?

Ich hatte schon eine Platte draußen, bevor ich meinen Abschluss hatte. Ich bin auch schon während der Schulzeit als Vorgruppe der Black Eyed Peas aufgetreten. Als ich meinen Abschluss hatte, ging es also sofort auf die Bühne. Ich musste den Wehr- und Zivildienst abwimmeln. Ich wurde sogar von Feldjägern gesucht, aber ich konnte das dann abschmettern. Das hätte mir sonst einen richtigen Strich durch die Rechnung gemacht, ähnlich wie bei Elvis. (lacht)

Vom 15. bis 30. November 2016 geht Patrice mit seinem neuen Album auf Tour. Wir verlosen 3 x 2 Tickets für verschiedene Städte! Beantworte uns dafür bis zum 31. Oktober 2016 folgende Frage: »Welche drei Songs – von welchem Künstler auch immer – gehören für dich fest zum ‚Soundtrack deines Lebens‘? Und warum?« Antwort an gewinnspiel@uniglobale.com (Stichwort »Patrice«).


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