Blog As You Are

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Gefühlt ist unsere Gesellschaft heute offener denn je. Klischees und Vorurteile gibt es aber noch immer. Die kurzhaarige Lesbe im Holzfällerhemd oder die Angst vorm Outing – Patricia und Michael begegnen solchen Themen in ihren Blogposts und Videos investigativ und vor allem mit viel Humor und Ironie.

Vom Hassen und Lieben

Der Vlog von YouTuber und Blogger Michael Buchinger kratzt an der 70.000 Abo-Marke, die vielen User, die das Tun des Wieners verfolgen, freuen sich vor allem auf die monatliche Hass-Liste, in denen sich der Student über die Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen und gesellschaftlichen Erscheinungen wie Intoleranz und unangebrachten Nationalstolz auslässt. »Wenn ich einen Mann in der Öffentlichkeit küsse, dann ist es ja nicht, um irgendein Statement zu machen, genauso wenig wie ich ein Statement mache, wenn ich in der Öffentlichkeit ein Panini verschlinge. Ich hab einfach Lust drauf«, so Michael trocken in seiner Januar-Hassliste. Mit bildreicher Sprache und Humor erzählt er von seinem Alltag und verpackt auch politische Themen in kurzweilige Videos. »Mein Ziel ist es, meine Leser und Zuschauer so gut wie möglich zu unterhalten und sie vielleicht dazu zu bewegen, die Tücken des Alltags nicht ganz so ernst zu nehmen«, so der 22-Jährige.

Im ‚wahren’ Leben studiert Michael English and American Studies an der Uni Wien. Dass er homosexuell ist, spielt hier keine große Rolle. Genauso wie in seiner Familie, auch wenn er heute sagt, dass das Outing vielleicht zu früh kam. Damals war er 15 Jahre alt und seine Familie, obwohl sehr tolerant, stellte die Vermutung in den Raum, »dass es sich ja durchaus nur um eine Phase handeln könne.« Die ‚Phase’ blieb allerdings und heute gehört der Wiener zu den gefragtesten Bloggern und Vloggern in Österreich und im deutschsprachigen Raum.

Lesbian Chic

Schwule Fußballer, männerküssende Männer in der Öffentlichkeit oder ein ‚Ich bin schwul und das ist auch gut so’-Ex-Bürgermeister: Während männliche Homosexualität immer wieder Thema öffentlicher Diskussionen ist, verläuft das Leben lesbischer Frauen gefühlt eher in stillen Gewässern. Und das obwohl sie doch von Schräglagen wie Diskriminierung am Arbeitsplatz oder fehlender gesetzlicher Gleichstellung ebenso betroffen sind.

Um die Stimme homosexueller Frauen und aller Menschen, die sich für die Gleichberechtigung einsetzen, zu stärken, wurde das deutsch-schweizerische Online-Magazin Lesbian Chic ins Leben gerufen. Die Zielgruppenbeschreibung liest sich zunächst ein bisschen wie die typische Brigitte-Leserin. Das Spezielle des Blogs liegt zwischen den Zeilen. ‚Lesben in der Gesellschaft tabu, im Pornobusiness Quotenbringer?’ – diese Frage stellte Lesbian Chic-Bloggerin Patricia Bauer während einer Umfrage in der Fußgängerzone. Sie spiegelt die fehlende Präsenz des lesbischen Lebens in der Öffentlichkeit wider, während es im stark von Männern geprägten Erotikgeschäft als durchaus chic gilt, wenn Frauen sich gegenseitig Massageöl auf dem Körper verteilen.

Die Jura-Studentin aus Greifswald wünscht sich eine »Gesellschaft, in der Akzeptanz und gegenseitige Wertschätzung mehr sind als nur leere Worthülsen.« Ihr Lesbischsein verstehe die 21-Jährige dabei als eine Art Verpflichtung. »Die effektivste Waffe gegen Vorurteile und Ressentiments ist die Konfrontation, was mich in die Pflicht nimmt, mich zu zeigen«, so Patricia. Wenn das Coming-Out zum Normalfall wird, ernte es nicht mehr als ein gelangweiltes Schulterzucken.

Das erhofft sich Patricia auch in ihrem zukünftigen Arbeitsleben. »Für meine berufliche Zukunft als Juristin wünsche ich mir, nach meinem Können und meinen Qualifikationen beurteilt zu werden und nicht danach, wen und wie ich liebe.« Sie weiß, wovon sie spricht. Während ihr Freundeskreis positiv auf ihr Outing reagierte, waren die Reaktionen in der Familie eher negativ. Das Coming-out in der Familie fand erst vor anderthalb Jahren statt. Fast ein halbes Jahr herrschte Funkstille, erst nach und nach normalisiert sich das Verhältnis wieder.


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