Warum sich der Stress des Medizinstudiums lohnt

Warum sich der Stress des Medizinstudiums lohnt...

Nach den ersten Monaten als Medizin-Ersti frage ich mich immer wieder: Warum tue ich mir das eigentlich an? Denn wie sich rausstellt ist mein Studium alles andere als eine Kuscheltour.

Klausuren ohne Ende

Kaum habe ich die erste Chemie-Klausur erfolgreich hinter mich gebracht, steht bald schon wieder die nächste an. Eins kann ich mit Sicherheit sagen: Chemie wird in diesem Leben nicht mehr mein Lieblingsfach! (Wie, jemand will mir freiwillig Nachhilfe geben? Ja, ja, ja!

Wer sich jetzt wundert, dass seine eigenen Klausuren erst viel später sind und nicht schon während des Semesters: Das ist in der Medizin extra so gelegt. Erstens um die Studierenden noch ein bisschen mehr zu quälen und zweitens um zu ermöglichen, dass wir Studenten in den Semesterferien unsere insgesamt 90 Tage Pflegepraktikum ableisten können. Juhu. Ferien fand ich persönlich ja eh schon immer überbewertet. Nachdem ich dieses Wochenende insgesamt 23 Stunden in der Uni Bibliothek verbracht habe, glaube ich auch ganz fest daran, dass sich der Mensch auch nur von Luft und schwarzem Kaffee ernähren kann. Wobei ja in Biochemie was anderes gelehrt wird…

Keine Zeit für Partys

Ich bin Erstsemester, eigentlich sollte ich doch von einer Party zur nächsten springen und nicht meine Wochenenden in der Bibliothek verbringen. Da läuft doch irgendetwas gewaltig falsch. Zumindest bin ich mit meinem Füße einschläfernden Leben nicht alleine, denn ich habe Kommilitonen besser bekannt als Leidensgenossen. Und gemeinsam jammert es sich viel schöner.

Morgens jammern wir darüber, dass die Nacht so kurz war, jeden Morgen um acht Uhr Vorlesung ist, und während der Vorlesungen wird darüber gejammert, dass wir alle schon wieder Hunger haben. Nach dem Mittagessen wird darüber gejammert, wie weit wir doch alle mit dem Stoff hinterherhinken, obwohl wir alle unsere Nachmittage und Abende damit verbringen, nicht alles vollkommen aus dem Ruder laufen zu lassen.

Einzigartige Erfahrungen

Aber irgendwie macht es doch Spaß. Nicht das Jammern, das Studium. Es ist extrem anstrengend, zeitintensiv und anspruchsvoll und gleichzeitig unglaublich schön.
In welchem Studiengang darf man denn schon im ersten Semester während einer Hospitation im Kreissaal gemeinsam mit der behandelnden Ärztin die U1 (der allerersten Untersuchung, die ein Mensch bekommt) machen? Ich durfte die Fontanelle des Babys tasten und gemeinsam mit der Ärztin verschiedene Reflextests durchführen. Mit einem unglaublich kleinen Stethoskop konnte ich den rasenden Herzschlag des Kindes hören.

Und genau das ist der Grund, warum ich mir den Sch*** antue. Warum ich und meine Leidensgenossen uns die Nächte um die Ohren schlagen. Warum wir unsere Wochenenden in der Bibliothek verbringen und hysterisch lachen, wenn uns andere von ihren Studiengängen erzählen, in denen sie drei Vorlesungen in der Woche besuchen. Ich bin froh, dass mein Studium keine Kuscheltour ist.

Lina ist 19 Jahre alt und hat im Wintersemester 2015/2016 ihr Medizinstudium in Münster begonnen. Auf unserer Webseite schreibt sie einmal im Monat über ihre Erfahrungen und Erlebnisse als Erstsemester. Eigentlich heißt Lina gar nicht Lina. Da sie lieber unerkannt bleiben möchte, schreibt sie hier unter einem Pseudonym. Weitere Geschichten aus Linas Leben findet ihr in ihrem Blog selbstgenaeht.

Bisherige Beiträge

26.10.2015: Endlich Erstsemester!
23.11.2015: Ich werde Vorzeigestudent - bestimmt!


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