Hidden Champions führen den Weltmarkt an – im Verborgenen
Was „Hidden Champions“ für den Studierenden von heute bedeuten, darüber sprach Uniglobale mit Prof. Hermann Simon.
Hast Du Dich schon einmal gefragt, wer die Rollleine für Deinen vierbeinigen Liebling entwickelt? Oder woher der Vorhang kommt, den Du nach jeder Theatervorstellung fallen siehst? Ist Dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass irgendjemand die Büroklammern, die im Arbeitsalltag so oft zum Einsatz kommen, herstellen muss? Wahrscheinlich nicht. Die Hersteller so oft genutzter oder gesehener Dinge agieren meist im Hintergrund, unbeachtet von der Öffentlichkeit. Und doch gehören viele dieser Unternehmen zur Weltmarktspitze – sie sind die Hidden Champions der Weltwirtschaft.
UNIGLOBALE: Herr Prof. Simon, welche Chancen bieten sich für Berufseinsteiger, wenn sie bei einem Hidden Champion einsteigen?
H. S.: In Unternehmen, die zu den Hidden Champions gehören, bieten sich den Berufseinsteigern interessante und internationale Einsätze. Durch die vergleichbar geringe Mitarbeiterzahl hat man direkten Zugang zu den Kernkompetenzen und kann damit rechnen, früh Verantwortung zu übernehmen. Das alles führt zu schnellen Aufstiegschancen, die Chefs dieser Firmen sind meist in den Dreißigern.
Welche Firmenstruktur erwartet einen Berufseinsteiger bei einem Hidden Champion?
H. S.: Ein interessanter Punkt für Bewerber ist, dass die Führung in diesen Firmen ambivalent funktionert. Das heißt, sie ist autoritär in den Prinzipien und Grundwerten, aber partizipativer in ihrer Ausführung. Wo Großunternehmen beispielsweise für jede kleine Regelung ein extra Handbuch herausgeben, wird bei den Hidden Champions je nach Situation gehandelt. Dadurch konzentriert man sich auf das Wesentliche. Ich habe erlebt, dass bei einem Hidden Champion die Reisekostenregelung nur aus einem einzigen Satz bestand: „Die Reisekosten sollten für jeden Mitarbeiter so viel betragen, wie er für seine Privatreise auch ausgeben würde.“
In Ihrem Buch schreiben Sie über den Aufbruch der Hidden Champions nach Globalia. Gibt es unter diesen neuen Voraussetzungen Tipps, die Sie Berufseinsteigern geben können?
H. S.: Es ist wichtig, sich auf Globalia vorzubereiten. Dabei sind das Erlernen von Sprachen und das Sammeln von internationalen Erfahrungen von großer Bedeutung. Die wichtigste Priorität zur Vorbereitung auf Globalia ist es, Englisch perfekt zu beherrschen. Es ist eher unsinnig, drei Sprachen ein bisschen zu können. Besser ist es, durch längere Aufenthalte im englischsprachigen Raum ein hervorragendes Englisch zu erlernen.
Welche Rolle spielt das Internet für die Hidden Champions und die Berufseinsteiger?
H. S.: Junge Menschen sehen sich mit dem Internet einer völlig neuen Welt gegenüber. Es bietet die Möglichkeit, ein weltweites Netzwerk aufzubauen und es lebendig zu halten. Für die Unternehmen werden junge Menschen dadurch besonders interessant, denn sie sind mit dem Internet aufgewachsen und beherrschen die Techniken.
Was können Großunternehmen von den Hidden Champions lernen?
H. S.: In großen Unternehmen ist fast alles anders als bei den Hidden Champions. 25 bis 50 Prozent der Hidden Champions-Mitarbeiter haben regelmäßig Kundenkontakt, bei den roßunternehmen sind es nur fünf bis zehn Prozent. Auch beim Thema Innovation gibt es gewichtige Unterschiede: Hidden Champions melden 31 Prozent Patente an, wovon 80 Prozent tatsächlich in den Produkten angewendet werden. In den großen Unternehmen werden nur sechs Prozent angemeldet. Der Innovationsprozess funktioniert bei den Hidden Champions ganz anders: Es werden kleine Teams auf ein Problem angesetzt, die an einer Lösung arbeiten. In Großunternehmen hingegen wird ein bestimmtes Budget auf ein Problem angesetzt.
Welches Beispiel eines Hidden Champions hat Sie bei Ihrer Recherche am meisten beeindruckt?
H. S.: Ein Beispiel ist die Firma Igus aus Köln, die gleich doppelter Marktführer bei Gleitlagern aus Kunststoff und bei sogenannten Energieketten ist. 2.000 Mitarbeiter arbeiten in dieser Firma und sie wächst wie verrückt. Ihre Strategie ist die moderne Führung. Hier trägt jeder Mitarbeiter, vom Praktikanten bis zum Chef, die gleiche Uniform, benutzt die gleichen peisesäle und Toiletten. Auch auf eine extreme Kundennähe wird geachtet, so gibt es beispielsweise die Regel, dass ein Mitarbeiter einem Kunden niemals ein „Nein“ aussprechen darf, bevor er es nicht mit dem Chef abgesprochen hat. Die meisten Anfragen, die sonst leichtfertig mit einem „Nein“ abgetan würden, können so doch bearbeitet und umgesetzt werden. Die Mitarbeiter nehmen ich durch diese Regelung schon automatisch verstärkt den Problemen der Kunden an und kümmern sich intensiver um ihre Bedürfnisse.
Titelbild: iStockphoto/Michael blann.
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