Suche Jugend, biete Lifestyle: Dating-Portale wie sugardaters.de bringen sogenannte Sugarbabes und Sugardaddys zusammen. Bei einem Blick auf ihr schmales Studentenbudget fragt sich unsere Autorin Myriam: „Könnte ich das auch?“
Sugardaddys wollen sich nicht ausnutzen lassen
Als meine Mitbewohnerin mir vor einigen Monaten erzählte, dass eine ihrer Kommilitoninnen gerade von ihrem Sugardaddy in einem dezent gelben Porsche an der Uni abgesetzt wurde, hatte ich dummerweise kurz zuvor meinen Kontostand gecheckt. Mieses, mieses Timing! Denn während sie leicht angewidert davon sprach, dass der Typ Schönheitschirurg sei und sich sein Sugarbabe jedes Mal hübsch zurechtschnibbelt, fiel mir meine Schwäche für reife, graumelierte Typen Anfang 40 wieder ein. Fast vergessen. In Ermangelung eines reifen, graumelierten Typens Anfang 40 meldete ich mich also auf einem Dating-Portal an, in dem gut situierte, erfahrene Männer hübsche, unterhaltsame, junge Frauen für unkomplizierte Liebschaften suchen.
Einigen schien die Rolle als Cash Pig nicht zuzusagen, weswegen sie in Nachrichten und Profilbeschreibungen immer wieder darauf hinwiesen, dass sie eine junge, hübsche, liebenswürdige, tolle, schlanke, umwerfende, weltgewandte, belesene, witzige, charmante, tolerante, sexsüchtige, verständnisvolle Frau mit riesigen Brüsten bei gleichzeitiger Wespentaille für sich suchen – es jedoch ablehnen, für diese die Kreditkarte zu spielen. Und das auf einem Portal, dessen Profile vor allem derartige Infos liefern: Jahreseinkommen, Vermögen, monatliches Budget fürs Vergnügen, wie ihr perfekter Abend aussieht. Lila vielleicht. Wie der 500-Euro-Schein.
Müssen sich Studentinnen für ihr Studium verkaufen?
Die meisten Männer sahen unauffällig aus, Geheimratsecken hier, ein paar Pfunde zu viel da und inmitten von Bildern mit Yachten und Sportwagen stellte ich mir plötzlich die Frage: Könnte ich mit einem 60-Jährigen schlafen? Nicht mit dem einen, besonders knackig gebliebenem, sondern vielleicht mit einem, dessen Hintern schlaff und dessen Schamhaar schneeweiß ist. Ich beruhige mich mit dem Gedanken, dass das Interesse an einem Menschen sowieso erst durch die Emotion entsteht, durch die man ihn anschaut.
Ich checkte auch die Konkurrenz ab. Zwischen der ein oder anderen Schönheit viele menschgewordene Louis-Vuittons-Handtaschen-Fakes, die Geld dafür forderten, dass sie eine Vagina und Brüste besitzen. Und viele Studentinnen. Ich scrollte weiter. Verdammt viele Studentinnen!
Ich fragte mich kurz, ob es an der ungerechten Verteilung des BAföGs lag oder an unserer fortschreitenden sexuellen Freiheit, dass derart viele Studentinnen auf der Seite angemeldet waren? Müssen Studentinnen mittlerweile für die Finanzierung ihres Studiums bis an die Schmerzgrenze zur Prostitution gehen?! Oder wollen sie es nur?
Ungleiche "Partner"
Immerhin geht es bei diesen Beziehungen neben Zweisamkeit, Nähe und einem tollen Lifestyle immer auch um Geld. Letzten Endes sitzt der Sugardaddy in dieser Konstellation meist am längeren Hebel: Die Miete muss bezahlt werden. Ein Sugardaddy kann aber auch mal einen Monat ohne Sex mit einer jungen Dame aushalten. Sie braucht ihn. Er will sie nur.
Als ich die ersten Nachrichten von potentiellen Sugardaddys bekomme, wird mir schnell klar: Was für mich reizvoll an einem älteren Mann ist, ist nicht nur das Mehr auf dem Konto, sondern das erhoffte Mehr an allem: Erfahrung, Reife, Wissen. Ein Sugardaddy, wie ich ihn mir wünsche, ist jedoch nicht auf Datingseiten mit schlechtem Webdesign zu finden, sondern im Leben, in dem er mit beiden Beinen steht. Und die Haare an den Beinen, die dürfen gerne graumeliert sein.
Unsere Kolumnistin Myriam fragt sich, ob „Jugend gegen Lifestyle” ein guter Deal ist.