Nebenjob: Stipendiat
Stopp. Noch nicht umblättern. Ja, auf dieser Seite steht öfter das böse Wort, das alle abschreckt. STIPENDIUM. Vielleicht denkst du, das sei nichts für dich. Aber ein Stipendium ist nicht bloß etwas für Menschen mit hohen IQs oder Nasen. Wer hat dir das eigentlich erzählt? Ja, stimmt, in Deutschland haben vergleichsweise wenige Studenten ein Stipendium, laut dem Allensbach-Institut nur fünf Prozent. Aber es gibt in Deutschland mehr als 4000 verschiedene Förderprogramme für Studenten. Ungefähr jede fünfte Stiftung findet dabei keine passenden Stipendiaten. Viele Stipendien bleiben ungenutzt, weil sich einfach niemand darum bewirbt. Wieso? Weil sich die Studenten das nicht zutrauen: Mehr als zwei Drittel haben sich noch nie um ein Stipendium beworben. Oder weil sie gar nichts von den Stiftungen und ihren Stipendien wissen. Viele kleine Stiftungen wählen ihre Stipendiaten nach ganz speziellen Kriterien aus. Die können vom Studienfach über den Beruf der Eltern bis hin zu deinem Geburtsort reichen.
Die Stiftung
Auch, wenn man nur von einer Handvoll Stiftungen regelmäßig hört: Stipendiengeber gibt es allerhand. Neben staatlichen Stiftungen gibt es Stipendien von Unternehmen und von Privatleuten. Mal steht das Geld im Vordergrund, mal eine studienbegleitende Ausbildung. Firmen wollen mit Stipendien potenzielle neue Mitarbeiter finden, private Stifter können unterschiedliche Interessen haben.
Das Deutschlandstipendium bringt private Spender und Studenten zusammen. Die Hochschulen sind zuständig für die Werbung und Auswahl der Spender, für jedes Stipendium in Höhe von 150 Euro monatlich gibt der Staat noch einmal die gleiche Summe dazu. Zu den zwölf großen Begabtenförderungswerken gehören etwa die fünf politischen Stiftungen, das Cusanuswerk der katholischen Kirche und die Studienstiftung des Deutschen Volkes.
Selbst wer keinen Bafög-Ersatz bekommt, weil die Eltern zu viel verdienen, bekommt als Stipendiat pro Monat 300 Euro Büchergeld, das nicht zurückgezahlt werden muss. Bei vielen Förderprogrammen ist spätestens am Ende der Regelstudienzeit Schluss mit der finanziellen Unterstützung. Stammen deine Eltern nicht aus Deutschland? Arbeiten sie bei der Post? Bist du selbst Mutter? Oder hast du eine Behinderung? Für diese und viele andere Merkmale gibt es Geld von verschiedenen Stiftungen. Darüber hinaus gibt es viele fachgebundene Stipendien speziell für Studierende beinahe aller Fächer.
Die kuriosesten Stipendien
Das Online-Stipendium
Studierende aus ganz Deutschland können sich für das Online-Stipendium von e-fellows.net bewerben. Dahinter stehen Telekom, McKinsey, Holtzbrinck und weitere Unternehmen. Für die Stipendiaten gibt es zwar kein Geld, aber einen kostenlosen Internetanschluss, freien Zugang zu fachspezifischen Datenbanken oder Gratis-Abonnements von Zeitungen.
Pro „gefällt mir“ ein Euro
Das Absolventa-Stipendium zahlt für konkrete Ausgaben im Rahmen des Studiums bis zu 5000 Euro, etwa für Bücher, Auslandssemester oder Praktika. Bei diesem ersten demokratischen deutschen Stipendium entscheidet keine Kommission, sondern die Internetgemeinde: Die Bewerber mit den meisten Stimmen gewinnen. Gefördert wird, bis der Jahresetat ausgeschöpft ist: www.stipendium.de
Das Anti-Streber-Stipendium
Die private Zeppelin Universität in Friedrichshafen fördert Anti-Streber, etwa ehemalige Sitzenbleiber oder Studienabbrecher. Wer ein Stipendium bekommt, dem werden die Studiengebühren der privaten Hochschule erlassen.
Bedürftige Töchter bayerischer Beamter
Die Emilie-Porzersche-Stiftung fördert Töchter bayerischer Beamter. Gezahlt werden bis zu 300 Euro pro Semester, für maximal drei Jahre.
Jüdische Gesangsstudenten in Mainz
Die Anni-Eisler-Lehmann-Stiftung vergibt Stipendien an jüdische Musik-Studenten aus Mainz. Bevorzugt werden Studenten der Fachrichtung Gesang.
Arbeiten über Homosexualität
Die August-von-Platen-Stiftung zahlt für wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Homosexualität: bis zu einem Jahr lang maximal 500 Euro.
Die Bewerbung
Das Internetportal http://www.mystipendium.de listet über 1500 Förderprogramme auf. Die Stipendien sind nach Bewerbungsvoraussetzungen geordnet. Der Bewerber kann sein persönliches Profil erstellen und so die Stipendien finden, die zu ihm passen. Laut Mira Maier, Gründerin des Portals, sind das im Durchschnitt 15 – und immerhin rund 40 Prozent aller Bewerbungen sind erfolgreich, sagt Maier, sofern man ein paar Regeln beachtet.
Unbedingt:
- Suche früh und gründlich. Hat eine Stiftung bloß eine Deadline pro Jahr, solltest du die nicht verpassen. Schau auch immer mal wieder nach: Es kommen ständig neue Stipendien hinzu und dein Profil verändert sich im Laufe deines Studiums.
- Such dir Stipendien, die wirklich zu dir passen. Du solltest dich nicht bloß bei der bekanntesten Stiftung bewerben, sondern dort, wo du die besten Chancen hast – gerne auch bei mehreren Stiftungen.
- Kümmere dich um ein Gutachten von einem Dozenten. Das verlangen beinahe alle Stiftungen zur Bestätigung deiner fachlichen Qualifikation. Viele Dozenten sind gern bereit, das zu tun. Damit sie dich besser einschätzen können, kannst du ihnen deinen Lebenslauf und eine Unterhaltung mit dir bei einem Kaffee anbieten. Im Gutachten nicht fehlen darf die ausdrückliche Empfehlung für ein Stipendium.
Was gar nicht geht:
- Anonyme Massenbewerbungen. Der Bewerber sollte sich darüber im Klaren sein, weshalb er sich ausgerechnet bei dieser Stiftung bewirbt – und das auch glaubhaft vermitteln können.
- Unvollständige Bewerbungsunterlagen. Viele Stiftungen lehnen lückenhafte Bewerbungen ganz ab.
- Ungeduld: Bis eine Antwort von der Stiftung kommt, vergehen oft Monate, manchmal ein halbes Jahr. Kleinere Stiftungen geben häufig schon innerhalb von vier Wochen Bescheid.
INTERVIEW
Mira Maier hat an der Universität Witten/Herdecke promoviert und mystipendium.de gegründet. Die Plattform ist das größte deutsche Informationsportal für Studienförderung und wurde vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft ausgezeichnet.
Frau Maier, wer sollte Ihrer Meinung nach ein Stipendium bekommen?
Maier: Grundsätzlich freue ich mich über jeden, der gerne Studenten mit einem Stipendium fördern möchte, unabhängig von der vom ihm gewählten Zielgruppe. Dennoch sind uns besonders Studierende ein Anliegen, die bisher noch wenig oder gar nicht mit einem Stipendium bedacht werden. Aktuell gründen wir eine Reihe von Programmen für Studierende, die ein Stipendium besonders brauchen, für die es aber bislang wenig Angebote gibt. Das erste Stipendium dieser Reihe ist aktuell zusammen mit der Mawista GmbH ausgeschrieben und richtet sich an Paradiesvögel, Exoten und Querköpfe – also Studierende mit ungewöhnlichen Lebensläufen (http://www.mawista.com/stipendium).
Was sollte ein Student Ihrer Meinung nach können, um ein Stipendium zu erhalten?
Maier: Jeder, der einen Ausbildungsweg anstrebt, ist jemand, der in meinen Augen verdient hat, gefördert zu werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, insbesondere Nischenstipendien mit exotischen Auswahlkriterien zugänglich zu machen. Zusammen mit Partnern schaffen wir neue Stipendienprogramme für alle diejenigen, die Geld für ihr Studium brauchen und bisher nicht so sehr im Fokus von Förderern stehen. Daher setze ich mich auch aktiv dafür ein, dass Bewerbungsprozesse so einfach wie möglich sind.
Was raten Sie zögernden Studenten?
Maier: Ich kann jedem nur raten, sich über Stipendien zu informieren. Denn auf Anhieb kann niemand von vorne herein wissen, ob er ein Stipendium erhalten kann. Es gibt eine sehr große Bandbreite an Auswahlkriterien, die Stiftungen zur Auswahl heranziehen. Wir haben 34 Kriterien identifiziert. Manche Stiftungen vergeben etwa Stipendien an Studierende, die im selben Ort wie der Stifter geboren sind. Die meisten denken immer noch, Stipendien seien nur für Hochbegabte, die zugleich besonders engagiert und wahnsinnig bedürftig sind. Und für so toll halten sich die dann doch die wenigsten. Der Begriff „Stipendium“ bedeutet jedoch lediglich, dass einem Geld oder eine ideelle Leistung kostenlos zur Verfügung gestellt wird und nicht zurückgezahlt werden muss. Etwa 40 Prozent aller Stipendien werden nicht nach Leistungsmerkmalen vergeben.
Jenny Kallenbrunnen hat sich bloß um ihr Stipendium beworben, um ihrer drängelnden Freundin zu zeigen, dass sie es nicht schafft. Der Freundin ist sie heute sehr dankbar.
Vier Irrtümer über Stipendien, die ich an mir selbst widerlegen kann
Man braucht einen super Abiturschnitt
Nein. Bei fast allen Stiftungen achtet man auf das Gesamtpaket: darauf, wer ihr eigentlich seid, abgesehen von diesen Zahlen, die ihr in Klarsichtfolie abgeheftet habt. Mein Abiturschnitt war, als ich einmal mit zwei Konstipendiatinnen frühstückte, die Summe aus deren Schnitten. Ja, Summe.
Nur, wer viel Zeit mit ehrenamtlicher Arbeit verbringt, bekommt ein Stipendium
Ja, ich habe ein Ehrenamt. Aber diese Arbeit habe ich aufgenommen, als ich im Vorstellungsgespräch bei meiner Stiftung mild dazu ermahnt wurde. Ich hatte es also ohne schon in die zweite Runde geschafft. Steht im Anforderungsprofil, dass du ein Ehrenamt ausüben solltest, dann such dir eben jetzt eines, das deinen Interessen und Talenten entspricht. Die Ehrenamtbörse in deiner Nähe wird dir dabei gerne behilflich sein. Hier werden Freiwillige mit Institutionen zusammengebracht, die Hilfe benötigen. Die Bandbreite ist groß: das DRK bei Blutspende-Aktionen unterstützen, Flyer für Amnesty International verteilen, im Altersheim vorlesen oder die Kids im Sportverein trainieren. Alles, was anderen nützt und nicht vergütet wird. Und wahrscheinlich tust du so etwas sogar bereits, ganz nebenbei.
Stipendien gibt es bloß für Studienanfänger
Ich habe mein Stipendium im vierten Semester bekommen. Es gibt auch viele Stipendien, die sich speziell an fortgeschrittene Semester richten. Auch für deine Abschlussarbeit, ein Auslandssemester oder Praktikum kannst du gefördert werden.
Man kann seinen Lebenslauf doch nicht auf vier Seiten ausformulieren
Doch, schon. Geh einfach auf die einzelnen Abschnitte deines Lebens ein und schreib auf, was du in diesen Stationen gelernt hast, ob dir das gefallen hat und wie es dich zu dem gemacht hat, was du heute bist. Der Vorteil eines ausformulierten Lebenslaufs ist: Endlich hast du die Gelegenheit, gleich zu erklären, weshalb du dein Studienfach wechseln musstest oder wie gut es dir getan hat, dass du die elfte Klasse wiederholt hast.
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