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Neugierige Chefs im Vorstellungsgespräch

Neugierige Chefs im Vorstellungsgespräch

Dein potenzieller Chef und du möchten sich beschnuppern. Die "Chemie" mag stimmen, allerdings habt ihr gegenläufige Interessen. Der Arbeitgeber will sich insbesondere über deine persönlichen Verhältnisse informieren. Du möchtest dich darüber nicht ausforschen lassen.

Das Fragerecht des Arbeitgebers
Im Normalfall sind Fragen des Arbeitgebers wahrheitsgemäß zu beantworten. Der Arbeitgeber hat seine Wissbegierde - sowohl mündlich als auch schriftlich im Personal- und Einstellungsfragebogen - jedoch manchmal auch zu zügeln:

* Erstens, wenn die Information keine unmittelbare Bedeutung für Ihre Arbeitsleistung hat
* Zweitens, wenn sein Interesse an Information gegenüber deinem Recht auf eine ungeschützte Privatsphäre zurücktreten muss.

Unzulässige Fragen
Wie reagierst du aber, wenn du dich doch unvorbereitet eine solche Frage trifft? Du mußt sie nicht beantworten. Damit riskierst du aber, dass der Arbeitgeber dies gegen dich auslegt und dich deshalb nicht einstellt. Daher hast du ein von den Gerichten anerkanntes "Recht zur Lüge". Allerdings ausschließlich bei der Beantwortung unzulässiger Fragen.

...vor Arbeitsantritt
Kommt dir dein Arbeitgeber schon vor Arbeitsantritt auf die Schliche, brauchst du gar nicht erst zum Arbeitsbeginn zu erscheinen. Dann darf der Arbeitgeber den Vertrag anfechten oder fristlos kündigen. Kann er außerdem nachweisen, dass ihm durch deine Unwahrheiten ein Schaden (beispielsweise Kosten für eine neue Stellenanzeige) entstanden ist, trifft dich auch noch die Ersatzpflicht.

... nach Arbeitsantritt
Kommt deine Schwindelei erst später heraus, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ebenfalls anfechten oder kündigen. Dazu muss es aber nicht zwingend kommen. Denn jetzt hast du als Arbeitnehmer einen umfangreicheren Schutz als vor Arbeitsantritt.

Hast du deine Arbeitsleistung über mehrere Jahre immer ordnungsgemäß erbracht, kann der Arbeitgeber dich nur hinauswerfen, wenn der Gegenstand einer Falschaussage für die gegenwärtige Tätigkeit noch wirklich bedeutsam ist.

Mit dem Studentenrechtsschutz hast du den Zugriff zur erweiterten Rechtsauskunft der DAS. Hier kannst Du knifflige Fragen zum Arbeitsrecht mit einem Anwalt am Telefon besprechen.

Beispiele für unzulässige Fragen

1. Nach der Bereitschaft, Wehr- oder Zivildienst abzuleisten

2. Nach Religionszugehörigkeit
(Dies gilt nur, soweit es sich nicht um einen sog. Tendenzbetrieb handelt. Hierunter fallen Arbeitgeber mit religiöser Tendenz, z.B. Kirchen, Bekenntnisschulen, Caritas etc., hier führt eine falsche Angabe zur Anfechtungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber.)

3. Nach Parteizugehörigkeit
(Eine Ausnahme stellt die Tätigkeit bei einer Partei, einer Ihrer Institutionen selbst dar oder es besteht ein besonderer Bezug zu einer Partei. Dies kann z.B. auch bei einer Tageszeitung der Fall sein, wenn es um die Einstellung eines Redakteurs geht und der Verleger eine (politische) Tendenz vorgegeben hat, hier zielt die Frage speziell auf die inhaltliche Umsetzung der Tätigkeit ab. Servicekräfte etc. im gleichen Betrieb müssen solche Fragen nicht hingegen nicht (zutreffend) beantworten.

4.Nach fester Partnerschaft und Familienplanung

5. Nach beabsichtigter Eheschließung
(Eine Ausnahme stellen wiederum Tendenzbetriebe dar, hier sei zumindest die Frage nach einer Wiederverheiratung / zweiten Ehe zulässig.)

6.Nach Kinderwunsch oder Empfängnisverhütung

7.Nach Gewerkschaftszugehörigkeit

8.Nach bestehender Schwangerschaft (nach neuerer Rechtsprechung selbst dann, wenn die Frau wegen eines Beschäftigungsverbots für diese Tätigkeit die Arbeit nicht antreten kann, so entschied der EuGH für den Fall der Einstellung einer schwangeren OP-Schwester)

9.Nach Freizeitsportarten (Eine Ausnahme stellen hier Aktivitäten mit einem besonderen Gefährdungspotenzial dar, wie z.B. Fallschirmspringen.)

10.Nach Vorstrafen allgemein, wenn kein konkreter Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht
(Ausnahme: Die Vorstrafe ist für die Tätigkeit von Bedeutung, z. B. bei Vermögensdelikten von Buchhaltern, Verkehrsstraftaten seitens Kraftfahrern; jedoch müssen einschlägige Vorstrafen dann nicht mehr angegeben werden, wenn sie aus dem Bundeszentralregister gestrichen sind).
Welche Delikte im einzelnen für welche Stelle von Bedeutung sein können, muss anhand eines objektiven Maßstabes überprüfbar sein, der Arbeitgeber kann nicht willkürlich festlegen, über welche Vorstrafen Auskunft zu erteilen ist. Eine Mitteilungspflicht des Bewerbers kann auch dann vorliegen, wenn ein Ermittlungsverfahren erst während des Bewerbungsverfahrens anhängig wird.

Beispiele für zulässige Fragen

1. Nach der fachlichen Qualifikation

2. Nach dem beruflichen Werdegang

3. Zu Einzelheiten der früheren Tätigkeit

4. Nach erfolgter Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes

5. Nach bestehenden (chronischen) Krankheiten z.B. Allergien , wenn sich diese negativ auf die Erfüllung der Arbeitspflicht auswirken können oder auch infektiösen, ansteckenden Krankheiten, da hierdurch auch die Belegschaft und der Betriebsablauf gefährdet werden können zum Beispiel Sucht-Erkrankung, HIV-Erkrankung, nicht dagegen bloße HIV-Infektion; (ausnahmsweise ist auch die Frage nach einer HIV-Infektion zulässig, wenn durch die berufliche Tätigkeit eine Gefahr für andere Personen ausgeht, z.B. bei Heilberufen)

6. Nach Schwerbehinderungen. Grund: Der Arbeitgeber hat gesetzlich festgelegte Fürsorgepflichten gegenüber Schwerbehinderten, die mit der Hauptfürsorgestelle abgestimmt werden müssen
Eine Schwerbehinderung liegt nach § 2 Abs. 2 SGB IX vor, wenn der Grad der Behinderung mindestens 50% beträgt. Eine Behinderung unterhalb von 50% muss nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden, sofern der Bewerber über die entsprechende Eignung für die vorgesehene Tätigkeit verfügt.

7. Nach Mitarbeit bzw. Mitgliedschaft im Ministerium für Staatssicherheit, eine Einschränkung hat das BVerfG jedoch für Vorgänge vor dem Jahr 1970 vorgenommen, eine falsche Beantwortung in dieser Hinsicht rechtfertigt keine Anfechtung des Arbeitsvertrages.

8. Nach Überschuldung und Gehaltspfändungen jedenfalls dann, wenn eine Bewerbung auf eine Stelle erfolgt, die ein besonderes Vertrauensverhältnis (meist nur bei leitenden Angestellten) erfordert und der Arbeitgeber auf Grund ungeordneter wirtschaftlichen Verhältnisse des zukünftigen Arbeitnehmers eine potentielle Gefahr (z.B. Bestechung, Geheimnisverrat) auch für seine vermögensbezogenen Belange annehmen darf. Eine Frage zur Gehaltspfändung im Bewerbungsgespräch ist wohl unzulässig, der Arbeitgeber hat jedoch spätestens nach der Einstellung ein berechtigtes Interesse hieran, um die Lohn- und Gehaltsabrechnung vornehmen zu können.

9. Nach Nebentätigkeiten

10. Nach einem bestehendem Wettbewerbsverbot. Der Arbeitnehmer hat sich in diesem Fall vertraglich gegen ein erhebliches Entgelt verpflichtet, für einen gewissen Zeitraum nach seinem Ausscheiden nicht bei der Konkurrenz zu arbeiten.

Das Vorstellungsgespräch und speziell die Frage des sicheren Auftretens sind natürlich auch Themen beim kostenlosen Assessment-Center-Training. Hier kann man am lebendigen Beispiel Unterschiede sehen und Unsicherheiten klären. Zum kostenlosen AC-Training kannst du dich hier anmelden.

Im Rahmen der Workshopreihe Ready for Business wird das Thema Bewerbung und Bewerbungsgespräch sogar in einem eigenen Workshop behandelt. Zu Ready for Business kannst du dich hier anmelden (wird an mehreren Standorten in Deutschland angeboten).


Beim Vorstellungsgespräch mag die "Chemie" stimmen, allerdings habt ihr gegenläufige Interessen. Wie verhält man sich?

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