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Karriere bei der EU

(K)ein Job wie jeder Andere

Woraus die EU-Einrichtungen bestehen, ist von außen oft schwer zu erkennen. Aber vor allem bestehen sie zunächst mal aus Mitarbeitern, die in zehn Institutionen arbeiten. Da wären: die Europäische Kommission, der Rat der EU, das Europäische Parlament, der gemeinsamer Außendienst, der Europäische Rechnungshof, der Europäische Gerichtshof, der Wirtschaft – und der Sozialausschuss, die Behörde des Europäischen Datenschutzbeauftragten und des Ombudsmannes. Hinzu kommen die in allen Mitgliedsländern vertretenen Agenturen. Diese Institutionen müssen laufend mit Mitarbeiter-Nachwuchs versorgt werden. Dies übernimmt das „European Personnel Selection Office“ (EPSO). UNIGLOBALE hat Laura Tarragona Sáez, Kommunikationschefin von EPSO, in Brüssel zum Interview getroffen.

Frau Tarragona Sáez, was reizt sie besonders an der Arbeit hier?

Gerade bei jungen Leuten hat das Beamtenleben den Ruf, nicht allzu prickelnd zu sein. Das täuscht aber. Man lernt unglaublich viel kennen. Ich war im Laufe der letzten sechs Monate in Vilnius, Budapest, Estland, Paris, London und Schweden. Man kommt sehr viel herum und ist unglaublich frei, seinen eigenen Weg zu gehen. Ich habe in 13 Jahren bei der EU sechs Stellen innegehabt und in der Kommission und im Parlament gearbeitet. Was ich aber bei der Arbeit besonders schätze, ist die intellektuelle Freiheit, die man genießt. Wer sich für seine Mitbürger oder für die Zukunft einsetzen möchte, kann in den Institutionen wirklich sehr viel bewegen.

Welche Abschlüsse werden gesucht und wie läuft das Auswahl-Testverfahren ab?

Am Anfang steht ein Auswahlverfahren, für das man sich online anmeldet. Voraussetzung für das Auswahlverfahren für Generalisten ist in der Regel ein BA-Abschluss. Der Auswahl-Test für Generalisten kann unabhängig vom absolvierten Studiengang sein, wie z. B. in diesem Jahr. Ob Sie Veterinär-Medizin studiert haben oder Jura, Physik oder Geschichte ist zuerst einmal egal, solange Sie einen Abschluss haben. Sie melden sich als Bewerber online an und erstellen ein persönliches EPSO-Konto, über das Sie alle Informationen und auch Ihre Ergebnisse empfangen. Und dann gilt es, den ersten Computer-basierten Test in einem unserer vier Testzentren in Deutschland (Berlin, München, Frankfurt / Main oder Hamburg) zu absolvieren. Der Test besteht aus vier Teilen. Die ersten drei absolvieren die deutschen Kandidaten in ihrer Muttersprache. Der vierte Teil muss in der zweiten Sprache sein, entweder Englisch oder Französisch. Es handelt sich um Standard-Tests, in denen Leseverständnis und abstraktes und numerisches Denken sowie situationsbedingtes Urteilsvermögen überprüft werden. Die Ergebnisse der Kandidaten werden dann miteinander verglichen und im Anschluss werden dann die Besten zum Assessment-Center eingeladen.

Wie läuft das Assessment-Center ab?

Die Kandidaten werden nach Brüssel oder nach Luxemburg eingeladen und verbringen dort einen bis anderthalb Tage im Assessment-Center. Dort gilt es dann eine Gruppen-Übung in der zweiten Sprache (bei deutschen Kandidaten Französisch oder Englisch) mit anderen Kandidaten zu absolvieren. Außerdem müssen die Bewerber einen Vortrag halten, eine Fallstudie durcharbeiten und ein strukturiertes Interview mit einem Partner führen. Damit werden Kernkompetenzen überprüft, die alle EU-Beamten haben müssen. Es geht dabei um Kommunikationsfähigkeit, Analyse, logisches Denken, die Fähigkeit mit anderen zu arbeiten und die Arbeit selbst zu organisieren, Prioritäten zu setzen und qualitativ gute Ergebnisse zu liefern, auch Führungsqualitäten werden überprüft. Die Namen der Kandidaten, die sich im Assessment-Center bewährt haben, kommen im Anschluss auf eine Liste, von der die EU-Institutionen dann ihre neuen Beamten rekrutieren. Eine Garantie, eingestellt zu werden, ist die Listung nicht. Aber es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, eingestellt zu werden. Es lässt sich allerdings nicht im Voraus sagen, welche Stelle dem einzelnen Bewerber angeboten wird.

Wir haben bisher über die Generalisten gesprochen. Wie sieht es aus, wenn ein Student schon besondere Kenntnisse mitbringt?

Das Auswahlverfahren für Generalisten ist in der Regel Studiengangs-neutral, aber die Rekrutierung ist es nicht. Das hießt, wenn ein Absolvent zum Beispiel Jura studiert, das Auswahlverfahren und das Assessment-Center durchlaufen hat und auf der Liste steht, wird er höchstwahrscheinlich auch für eine juristische Aufgabe ausgewählt werden. Zum Beispiel im juristischen Dienst der Kommission oder in einer Beraterfunktion oder als Jurist in einer Generaldirektion. Außerdem gibt es die Möglichkeit, ein Spezialisten-Concours zu durchlaufen. Da steigt man auf einer höheren Gehaltsstufe ein, aber die Einstellungsvoraussetzungen sind auch etwas strenger, als bei den Generalisten. Man muss Berufserfahrung und einen bestimmten Abschluss haben. Diese Einstellungsverfahren für Spezialisten werden nach Bedarf der Institutionen organisiert.

Gibt es Weiterbildungsmaßnahmen, die die EU ihren Mitarbeitern anbietet?

Die Möglichkeiten sind da fast unbegrenzt. Jede EU-Institution ist eine Schule an sich. Wir haben ein riesiges Angebot an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. So kann es auch passieren, dass Sie sich im Laufe Ihrer Karriere in der EU auch völlig von Ihrem Studienfach entfernen oder, dass Sie einem bestimmten Interessensgebiet treu bleiben. Es hängt viel von der Persönlichkeit des Einzelnen ab, aber die Rahmenmöglichkeiten sind praktisch unbegrenzt.

Welche Rollen spielen Sprachen und Auslandserfahrung?

Für deutsche Bewerber ist bei der Einstellung entweder Englisch oder Französisch als zweite Sprache Pflicht. Bevor die erste Beförderung kommt, muss man dann seine Fähigkeit, in einer dritten EU-Sprache zu arbeiten, beweisen. Wenn man keine dritte Sprache beherrscht, ist das kein Problem, die Institutionen übernehmen dann die Ausbildung. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass es von Vorteil ist, schon mindestens Grundkenntnisse auch in einer dritten Sprache zu besitzen. Der Großteil unserer Bewerber hat auch Auslandserfahrungen gemacht, wie ERASMUS oder Arbeit im Ausland.

Sprechen wir kurz über Geld: Wie hoch ist das Einstiegsgehalt, ganz zu Anfang nach der Listen-Rekrutierung?

Das Generalisten-Einstiegsgehalt beläuft sich auf rund 4.300 Euro. Je nach persönlicher Situation gibt es dann aber noch Zulagen, zum Beispiel wenn man Kinder hat. Umzugskosten und Ähnliches werden auch übernommen, und für die Kollegen, die nicht in ihrem eigenen EU-Mitgliedsland arbeiten, gibt es einen Auslandszuschlag.

Wenn man sich erst einmal langsam an den EU-Betrieb herantasten möchte: Gibt es die Möglichkeit, Praktika zu absolvieren oder studentische Mitarbeit zu leisten?

Die Institutionen habe alle ein Praktikumsprogramm. Voraussetzung sind auch da ein Studium und mindestens zwei Sprachen, eine davon Englisch, Französisch oder Deutsch. Die Programme starten üblicherweise immer im März und Oktober und dauern fünf Monate. Der Praktikant bekommt ein Stipendium von rund 1.100 Euro im Monat. Das bietet Interessierten die Möglichkeit, hautnah zu erfahren, wie die EU arbeitet.

Weitere Informationen gibt es hier und den Candidate Contact Service findet ihr hier.

Berufsfeld Dolmetscher bei der EU – Wie funktioniert das? Wieviele Sprache muss man sprechen? Dolmetscher Tilmann Haak gibt einen Einblick in seinen Berufsalltag.

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