Vorzeigestudent werden

Ich werde Vorzeigestudent - bestimmt!

Seit fast zwei Monaten bin ich Studentin. Meine Motivation war unglaublich und ich bin mit sehr großem Eifer in mein Studium gestartet. Ich wollte das ultimative Vorbild für alle kommenden Generationen von Studenten werden: super organisiert, voller Lerneifer und nie knapp bei Kasse wollte ich sein. Keine acht Wochen später kann ich dazu nur sagen: Falsch gedacht.

Den Lerneifer im Griff

Das Positive zuerst: Zumindest den Lerneifer konnte ich mir bisher erhalten. Ein Medizinstudium lässt aber auch wenig anderes zu. In einer Woche habe ich meine erste Klausur, Chemie. Von der auch direkt mal abhängt, ob ich zu den praktischen Versuchen in diesem Semester zugelassen werde. Das Praktikum wiederum ist aber verpflichtend für alle Studenten des ersten Semesters, was im Endeffekt bedeutet: Bestehe ich diese Klausur nicht, darf ich gleich mal das ganze erste Semester wiederholen. Hahaha. Klar, kein Problem. Ich war ja immer super gut in Chemie und weiß ja auch noch alles. Um meine Wissenslücken zu schließen habe ich viele Stunden in der Bibliothek verbracht und auch die Zeit Zuhause zum Lernen genutzt. Ob da so viel hängen geblieben ist? Naja fürs schlechte Gewissen habe ich ja auf jeden Fall etwas getan.

Leben ist echt teuer

Im Punkte Geldmanagement könnte es hingegen eindeutig besser laufen. Ich versuche einigermaßen ausgewogen und auch nachhaltig einzukaufen, auf die Qualität der Produkte zu achten, was leider auch immer seinen Preis hat. Zusätzlich zu so sinnvollen Ausgaben, kommen aber auch immer so sinnfreie Ausgaben wie GEZ – ja , danke auch, weil ich ja so viel Rosamunde Pilcher auf ZDF ansehe. Ich mache auch gerne 80 Euro für die Reparatur meines heißgeliebten Fahrrads locker, nachdem mich morgens im Nieselregen die Schaltung verlassen hat. Herrlich.
Also, alles für sich nicht wirklich riesig viel Geld, aber insgesamt einfach doch eine ordentliche Summe. Leben ist echt teuer.

Natürlich habe ich mir überlegt, mir einen Nebenjob zu suchen. Aber das Pensum meines Studiums lässt es echt nicht zu, neben der Uni ein bisschen Sport und etwas sozialem Leben, auch noch arbeiten zu gehen. Da würde dann ganz sicher mein Lerneifer drunter leiden. Und an die Organisation die dahinter steckt, möchte ich auch gar nicht erst denken.

Die Organisation ist gescheitert

Und damit wären wir auch schon bei dem Punkt, den ich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle habe: Organisation. Um zu verstehen, wie ich das meine, sollte ich vielleicht einfach von meiner letzten Woche erzählen.

Ich habe mir anscheinend vor einiger Zeit Windpocken eingefangen- vielleicht im Krankenhaus, aber wer weiß das schon so genau. Nachdem ich dann die gesamte letzte Woche komplett ausfiel. Ich hatte eine von der Ärztin verordnete Ausgangssperre, weil Windpocken wirklich extrem ansteckend sind, und besonders bei Erwachsenen auch zu schlimmen Folgeerkrankungen, sogar bis zum Tod, führen können. Ich wollte aus der Not eine Tugend machen und die Zeit wenigstens gut nutzen. Stichwort Lerneifer. Stolz auf mich, dass ich auch im gesundheitlichen Chaos noch meinen inneren Schweinehund motivieren konnte, spazierte ich letzte Woche frisch genesen und wieder frohen Mutes in die Uni.

Plötzlich fingen alle an, von dem Physik-Testat zu sprechen, welches angeblich an diesem Tag anstehe, dass das ja ach so schwer sein wird und dass sie ja sooo viel dafür gelernt haben, welche Bücher und ich weiß nicht was alles durchgearbeitet hatte. Und ich saß da und fing an gleichzeitig zu lachen und zu weinen. Ein Testat? Hahahaha, das kann ja gar nicht sein, ihr verarscht mich doch. Wie sich herausstellte, stand an diesem Tag wirklich ein Testat auf dem Programm. Da hat die Organisation dem Lerneifer mal ordentlich in den Hintern getreten.
So nah war ich einer Panikattacke glaube ich noch nie. Ich war der festen Überzeugung, mein erstes Semester direkt an den Nagel hängen zu dürfen. Vielen Dank liebe Windpocken. Mit der Organisation werde ich ganz sicher nicht Vorbild für kommende Studentengenerationen.

Achja, bestanden habe ich dann übrigens doch. Man durfte nämlich zum Glück das Praktikumsskript in dem Testat verwenden und damit war das alles doch nicht so schlimm, wie ich zuerst gedacht habe. Und es bleibt also die Hoffnung, dass im nächsten Semester alles besser wird: Lerneifer, Geldmanagement UND Organisation.

Lina ist 19 Jahre alt und hat im Wintersemester 2015/2016 ihr Medizinstudium in Münster begonnen. Auf unserer Webseite schreibt sie einmal im Monat über ihre Erfahrungen und Erlebnisse als Erstsemester. Eigentlich heißt Lina gar nicht Lina. Da sie lieber unerkannt bleiben möchte, schreibt sie hier unter einem Pseudonym. Weitere Geschichten aus Linas Leben findet ihr in ihrem Blog selbstgenaeht.

Bisherige Beiträge

26.10.2015: Endlich Erstsemester!


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