VON: Prof. Dr. Walschburger
An: alle Romantiker, Wissbegierige und Leidende
Liebe Studierende,
wer kennt das nicht: Es hat gefunkt, es hat uns gepackt, es besetzt unsere Phantasie, es lässt unser Herz höher schlagen, es hebt unsere Stimmung: Wir haben uns leidenschaftlich verliebt!
Die leidenschaftliche Liebe ist ein zentrales Thema junger Menschen. Man gibt sich gerne erfahren im Umgang mit Liebesdingen. Und doch verbergen sich hinter all dem klugen Gerede große Unsicherheiten und widersprüchliche Vorstellungen. Tatsächlich lässt sich nur mit Mut zur groben Vereinfachung etwas Allgemeingültiges über diese Form der Liebe in der gebotenen Kürze aussagen:
Wir müssen zwei aufs Engste verbundene Bereiche unterscheiden:
Im ersten Bereich, im bewussten Denken, Fühlen und Wollen, fällt vor allem auf, dass wir als Verliebte von einem eher rationalen in einen eher romantischen Modus wechseln.
Zum zweiten Bereich kommen wir, wenn wir nach der Funktion und nach den Entstehungsbedingungen dieses massiv veränderten Erlebens fragen. Es handelt sich eben nicht um ein bloßes Bewusstseinsphänomen; es hat uns vielmehr „mit Leib und Seele“ gepackt.
Jahrmillionen alten evolutionären Anpassungsprozessen verdanken wir es, dass wir vom Kleinkind mit starker Elternbindung zu einem äußerst unternehmungslustigen Wesen in der Pubertät werden, das seiner Eltern überdrüssig wird und fremde Partner zunehmend attraktiv findet. Weibliche und männliche Sexualhormone – Östrogene und Androgene – regen jetzt einen Zustand an, in dem wir quasi schon verliebt sind, ohne noch zu wissen, in wen. Sie sind ein wesentlicher Grund dafür, dass das komplizierte Geschehen der Partnerfindung und Fortpflanzung in Gang kommt und als beglückend und befriedigend erlebt wird. Ein ganzer Hormonmix, vor allem aus Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Serotonin, ist beteiligt, wenn wir von einem bestimmten Menschen ganz besonders angezogen werden, so dass er oder sie sich magisch verändert zur „lieblichsten der lieblichsten Gestalten“ (Goethe). Wieder andere Hormone – vor allem Oxytocin und Vasopressin – sind mitverantwortlich für die tiefe Bindung und für das große Vertrauen, das sich nach und nach entwickelt.
Klingt das hormonell gestützte Stadium der Verliebtheit schließlich ab, so wird dies zur ersten großen Belastungsprobe der Partnerschaft, denn der verklärte Blick auf den Partner weicht jetzt wieder einer realistischen Sicht, und seine Schwächen und Fehler beginnen uns zu stören. Die Partner sehen sich von nun an einem kaum auflösbaren Widerspruch ausgesetzt: Man fühlt sich einerseits aufgehoben bei seinem inzwischen intim vertrauten „Individuum mit Heimcharakter“ – aber als sexuell stimulierender Partner sollte er zugleich fremd und aufregend sein wie am ersten Tag.
Ich möchte die Partner an dieser Stelle mit ihrem Problem allein lassen; sie werden es auf die unterschiedlichste Weise zu lösen versuchen.
Und sollten Sie sich abschließend fragen „wie sehr gefährdet es denn mein Studium, wenn ich mich verliebe?“, dann nehmen Sie es mir bitte nicht übel, wenn ich auch hier Ihrer eigenen Antwort nicht vorgreifen möchte und mich mit Goethe verabschiede: „Himmelhoch jauchzend / zu Tode betrübt / Glücklich allein / Ist die Seele, die liebt.“
Ihr Dr. Peter Walschburger
Professor für Psychologie an der Freie Universität Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Biopsychologie, Anthropologie und der Mensch als Natur- und Kulturwesen.
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